taz.de -- LKA Sachsen entschuldigt sich: NSU-Decknamen bei Erdoğan-Besuch
Zwei sächsische LKA-Beamte tragen sich mit dem Namen des Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt in eine Dienstliste. Kurz vor ihrem Einsatz in Berlin werden sie abgezogen.
Dresden/Berlin epd | Zwei Beamte des Spezialeinsatzkommandos (SEK) Sachsen haben nach Angaben des Landeskriminalamtes in eine dienstliche Liste den Namen des [1][Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt] eingetragen. Ihnen sei daraufhin „die Führung der Dienstgeschäfte untersagt“ worden, teilte das Landeskriminalamt (LKA) Sachsen am Freitag in Dresden mit. Im Rahmen des eingeleiteten Disziplinarverfahrens werde „die Entfernung der Beamten aus dem Dienst angestrebt“.
Die Polizisten hatten den falschen Namen in eine Liste für ein Zutritts- und Berechtigungsdokument eingetragen. Von ihrem Einsatz [2][beim Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Berlin] seien sie „unverzüglich abgezogen“ worden, hieß es. SEK-Beamte verwenden den Angaben zufolge bei Großeinsätzen regelmäßig Aliasnamen, die beispielsweise in Ausweise und Zugangsberechtigungen für gesperrte Gebiete eingetragen werden. Ihre Klarnamen sollen dadurch geschützt werden.
„Bereits die Eintragung des Namens eines Täters der NSU-Morde in eine Liste mit dienstlichen Angaben und im Rahmen eines dienstlichen Anlasses ist abscheulich und stellt für die Opfer und deren Angehörige eine Missachtung höchsten Maßes dar“, erklärte der sächsische LKA-Präsident Petric Kleine. Dafür wolle er sich „ausdrücklich bei den Betroffenen entschuldigen“.
Der rechtsextremistischen Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) um Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe werden zehn Morde zwischen 2000 und 2007 zugeschrieben. In einem der größten Strafprozesse in der Geschichte Nachkriegsdeutschlands wurde die Hauptangeklagte [3][Beate Zschäpe, einzige Überlebende des Trios, im Juli zu lebenslanger Haft verurteilt.]
Das Verhalten der sächsischen Beamten sei „vollständig inakzeptabel, im höchsten Maße verantwortungslos und an ‚Dummheit‘ kaum zu überbieten“, erklärte Kleine. Dass damit das Ansehen der gesamten sächsischen Polizei nachhaltig geschädigt werde könnte, sei „nicht hinnehmbar“, sagte der LKA-Präsident.
28 Sep 2018
LINKS
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Mehrere Frankfurter Polizisten sollen in einem Gruppenchat rechtsextreme und rassistische Inhalte ausgetauscht haben. Nun wird gegen sie ermittelt.
Polizisten fallen immer wieder mit rechten Ausfällen auf. Die Behörden wissen dazu wenig: Die Vorfälle werden kaum erfasst.
Menschenrechtsgruppen demonstrieren gegen den türkischen Präsidenten. Staatsanwaltschaft: Erdogan darf „Faschist und Mörder“ genannt werden.
Kranzniederlegung, Staatsbankett, Frühstück mit Merkel: Bei seinem Besuch wird dem türkischen Präsidenten der Teppich ausgerollt. Ein Überblick.
Seit einer Woche wird über eine Polizeikontrolle von Journalisten diskutiert. Die taz konnte das gesamte Bildmaterial sichten. Ein Protokoll.
Auch bei Polizei und Justiz in Sachsen gebe es leider viel zu viele Anhänger von AfD und Pegida, sagt der Linkenpolitiker André Hahn. Die Politik sei gefragt.