taz.de -- Kommentar AfD-Schulportal: Nicht neutral im Sinne der Partei

Die AfD zielt auf angeblich nicht neutrale Lehrer. Sie unterschlägt: Lehrer müssen Haltung gegenüber faschistischer Ideologie zeigen.
Bild: Und wo kann man den melden?

Jede dumme Idee findet jemanden, der sie nachmacht. Dass eine Aktion der Hamburger AfD von Berliner Parteikameraden nachgeahmt werden soll, ist also nicht überraschend. Die Fraktion der Hansestadt brachte jüngst ein [1][Portal mit dem Namen „Neutrale Schulen Hamburg“] an den Start. Neben Allgemeinplätzen zum Neutralitätsgebot für Schulen und Lehrer findet sich dort auch ein Kontaktformular, über das Schüler oder Eltern etwaige Verstöße und ihre Verursacher an die Partei melden sollen. So schön denunzieren lassen will die Berliner AfD, so hat sie angekündigt, demnächst auch.

Während die Rechtspopulisten mit Hang zum Radikalismus von der „Stärkung des demokratischen und freien Diskurses“ schwadronieren, werden sie de facto von weniger hehren Motiven getrieben. Die der Initiative zugrundeliegende Unterstellung, Lehrer würden die AfD unfair behandeln, passt in das eigene Opfer-Bild, das die Partei fortlaufend zu produzieren versucht. Dabei ist es egal, ob Medien kritisch berichten, Demonstrationen blockiert, Parlamentsreden gerügt oder ihre Vertreter nicht auf Schulpodien geladen werden – jede Gegenwehr wird begierig ausgeschlachtet, um sich selbst als Retter einer bedrohten Demokratie zu inszenieren.

So gern die AfD Opfer ist, so sehr ist sie aber auch Täter. Systematisch attackiert sie jede Institution, die einer Umgestaltung der Gesellschaft nach nationalistischer Vorstellung im Wege steht. Mit parlamentarischen Initiativen und öffentlicher Propaganda versucht sie nicht nur Anti-Rechts-Initiativen, sondern auch Theater oder kritische universitäre Forschung zu diskreditieren und von öffentlichen Geldern abzuschneiden. So ist es auch schon mit der Initiative „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ geschehen. Dass man nun die Schulen als Ganzes in den Blick nimmt, ist in dieser Hinsicht konsequent. Worum es in allen Fällen geht, ist Einschüchterung.

Und so sehr die Partei bemüht ist, darauf hinzuweisen, dass sie die Namen gemeldeter Lehrer nicht veröffentlichen wird, so klar ist die Botschaft: Sprecht lieber nicht kritisch über uns, dann habt ihr auch keine Probleme und wir hängen euch keine Dienstaufsichtsbeschwerden an.

Lehrer brauchen Haltung

Argumentativ versuchen die Rechten, den Beutelsbacher Konsens für sich zu nutzen – jene drei Prinzipien, die Lehrer bei der politischen Bildung beherzigen sollen: nicht überzeugen, Kontroversen zulassen, an den Schülern orientieren. Dass Lehrer selbst keine Meinung vertreten dürfen, schließt das nicht ein. Sie müssen sogar Haltung zeigen, wie Paragraph 1 nicht nur des Berliner Schulgesetzes darlegt: „Ziel muss die Heranbildung von Persönlichkeiten sein, welche fähig sind, der Ideologie des Nationalsozialismus und allen anderen zur Gewaltherrschaft strebenden politischen Lehren entschieden entgegenzutreten“, heißt es da.

Eine Auseinandersetzung mit der AfD kann nicht neutral im Sinne der Partei erfolgen. Wer sich mit ihr auseinandersetzt, muss mit den Schülern Methoden, Zielstellungen und historische Parallelen herausarbeiten. Ähnlichkeiten zur Weimarer Republik, wo schon einmal demokratische Institutionen bis zur Wehrlosigkeit geschwächt wurden, können genauso Teil des Lehrplans sein wie Vergleiche der Reden von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels und dem parteiinternen Anheizer Björn Höcke – einem Geschichtslehrer.

25 Sep 2018

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AUTOREN

Erik Peter

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