taz.de -- Kommentar Aufnahmelager Horst: Isolation beenden

Als „Ankerzentrum“ droht das isolierte Aufnahmelager Horst endgültig zum Horrorhaus zu werden. Das Lager für Geflüchtete gehört aufgelöst.
Bild: Die Hand eines Asylbewerbers am Außenzaun der Aufnahmeeinrichtung Nostorf/Horst bei Boizenburg: Es gibt viel Kritik an der Einrichtung, weil sie isoliert im Niemandsland liegt

Der Ausstieg Hamburgs aus der Erstaufnahme in Horst ist überfällig. Die ehemalige Kaserne der Nationalen Volksarmee weitab von jeder Zivilisation ist ein Sinnbild nicht gewollter Integration Geflüchteter. So wie es die Festung Europa gibt, die Flüchtlinge aussperrt, so gibt es in Horst eine Festung, die die Schutzsuchenden, die diese Mauer überwunden haben, wieder einsperrt.

Der Rückgang der Flüchtlingszahlen in Deutschland gibt den Bundesländern die Chance, die Lebensbedingungen der hier noch Gestrandeten zu verbessern. Isolier-Einrichtungen wie Horst aber setzen allein auf Abschreckung und darauf, die Flüchtlinge, die hier leben, für den Rest der Bevölkerung unsichtbar zu machen. Ausgrenzung statt Integration heißt die Devise.

Horst muss geschlossen werden. Der Ausstieg Hamburgs kann nur der erste Schritt sein. Innenminister Caffier aber spielt mit dem Gedanken, die Erstaufnahme zum „Ankerzentrum“ umzuwandeln, einem Lager zur noch effektiveren Abschreckung und leichteren Abschiebung von Geflüchteten – Horst soll so endgültig zum Horrorhaus werden.

Wenn nach den Vorfällen von Chemnitz der Aufstand der Anständigen gefordert ist, muss das heißen, nicht nur dem AfD-Pegida-Neonazi-Sumpf mit Zivilcourage entgegenzutreten, sondern auch um Lebensbedingungen für Geflüchtete zu streiten, die ein Miteinander ermöglichen. Eine menschenwürdige Unterbringung muss es vom ersten Tag an geben, egal ob die Schutzsuchenden auf Dauer bleiben oder nicht. Eine lebenswerte Gesellschaft wird es nur geben, wenn wir den braunen Sumpf in seine Schranken weisen. Und alle Lager, die isolieren und desintegrieren, endlich auflösen.

6 Sep 2018

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Marco Carini

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