taz.de -- Viertelfinale Schweden – England: Abwehrhünen üben Sackhüpfen
Defensive gegen Offensive, Schweden gegen England. Das schwedische Spiel ist meist zäh wie ein Elchfell, die Engländer haben Köpfchen.
Die Voraussetzungen: Schweden gegen England, [1][ein unerschütterliches Gebirgsmassiv] gegen einen Hurrikan [2][samt Harry Kane, dem Führenden in der Torschützenliste]. Schweden hat im Achtelfinale [3][glücklich gegen die Schweiz gewonnen], England musste gegen Kolumbien ins Elfmeterschießen. England spielt ansprechenden Offensivfußball, Schweden zerstört ansprechenden Offensivfußball.
Wie man nach der WM über dieses Turnier sprechen wird, hängt auch von diesem Spiel ab. Fliegen Schweden und am Samstagabend auch Russland raus, könnte sich eine Erzählung ausbreiten, die die WM 2018 zumindest in Teilen mit attraktivem Fußball verbindet. Ansonsten droht Griechenland der Verlust seines Alleinstellungsmerkmals, das der [4][Europameister des Jahres 2004] bislang unangefochten verteidigen konnte.
Das Ergebnis: 0:2 (0:1).
Das Spiel: Wer Spiele mag, die im und rund um den Anstoßkreis zentriert sind, wird bestens bedient. 40 von 45 Minuten der ersten Halbzeit sind zäh wie ein Elchfell. Schweden versucht sich aus der Ferne (13.), einmal spielt England schnell, Kane schießt knapp daneben (19.). Aus dem Spiel heraus geht nichts, also mal wieder ein Standard? Ecke kommt hoch rein, Harry Maguire köpft ein (30.). Und Schweden? Macht weiter wie bisher. England wird besser, Raheem Sterling verdribbelt sich knapp vorm Tor (44.).
Nach der Pause kann Schweden plötzlich auch Kopfball, Marcus Berg scheitert am englischen Torwart Jordan Pickford (47.). Dann wieder eine Elchfell-Phase der Schweden, England bemüht sich um Tempo, lässt sich nicht länger einlullen. Flanke, Dele Alli mit dem Kopf (59.), 0:2. Nun will Schweden auch, doch wieder rettet Pickford, erst gegen Viktor Claesson (62.), dann gegen Berg (72.). Bei jedem englischen Angriff wirken die schwedischen Abwehrhünen unsicher, sieht mehr nach Sackhüpfen als nach souveräner Verteidigung aus (66./78.).
Der Werder-Faktor: Ludwig Augustinsson, Linksverteidiger bei Werder Bremen und letzter aus dem Turnier ausgeschiedener Werder-Spieler, hat [5][seinen Marktwert mit grundsoliden Auftritten verdreifacht]. Auch während der WM hat er fleißig [6][weiter Retro-Design] [7][bei Manfred Kaltz] studiert. Jagt schnell noch einen Freistoß fünf Meter übers Tor (90+1.), nun Urlaub und die Rückkehr nach Bremen.
Der Samara-Faktor: Im Stadion [8][von Samara] haben bislang in allen Spielen die Favoriten gewonnen. Sehr untypisch für diese WM.
Und nun? Qualität hat sich durchgesetzt, England ist weiter. Schweden wird nicht das neue Griechenland, prima! Russland vielleicht? Bitte nicht.
7 Jul 2018
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