taz.de -- Kolumne Flimmern und Rauschen: Mit Sekt, Orchester und Politik
Es gibt viele Filmpreise, doch der Friedensfilmpreis „Die Brücke“ sticht positiv hervor. Nur leider bekommt er nur wenig mediales Feedback.
Dass es Medien- und insbesondere Filmpreise wie Sand am Meer gibt, ist ein alter Hut. Vor knapp zwei Wochen wurde bei der Jahreskonferenz von Netzwerk Recherche darüber diskutiert, warum so viele Journalistenpreise von Männern an Männer gehen und wo die Frauen bleiben (Antwort: deshalb), es gibt mit großen Summen vollgepumpte Preise der Unternehmer und Lobbyorganisation und es gibt Preise, wo selbst die Geehrten erst mal Google bemühen müssen, um zu sehen, woran sie sind.
Und es gibt den „Friedenspreis des deutschen Films Die Brücke“. Dass man auch ihn vielen Menschen erst einmal erklären muss, ist eigentlich ein bisschen schade. Denn es gibt kaum einen Preis, der so gut in diese nicht besonders friedliche Weltlage passt und der so gekonnt Politik und Film verbindet. Hinter dem Friedenspreis steht – „Die Brücke“ lässt es erahnen – der Bernhard Wicki Gedächtnis Fonds. Die Ideale dieses ganz Großen des deutschen Nachkriegsfilms sind es auch, die den Preis bis heute speisen. Und das unermüdliche Engagement seiner Witwe Elisabeth Wicki-Endriss, für die das Ganze vermutlich auch eine Art Familienfest im besten Sinne ist, ohne den tieferliegenden Sinn und Zweck auch nur im Geringsten zu schmälern.
Wer dabei war, als Christian Springer („Schlachthof“) in seiner Eigenschaft als Kabarettist und Aktivist die Laudatio auf Feras Fayyads „Die letzten Männer von Aleppo“ (Sonderpreis) hielt und der [1][den Heimatminister vertretende weiß-blaue Staatssekretär] auf seinem Stühlchen im Cuvilliéstheater der Münchner Residenz immer tiefe rutschte, konnte sich glücklich schätzen. Denn das saß, hatte Kraft und Charme und zeigte, dass es auch bei Preisverleihungen grundsätzlich zugehen kann.
Genauso wie bei beim Internationalen [2][Regiepreis für Ziad Doueiris Film „The Insult“,] in dem der eigentlich harmlose Streit zwischen dem libanesischen Automechaniker Toni und dem palästinensischen Handwerker Yasser eskaliert und in immer höheren juristischen Instanzen ausgefochten wird, bis er schließlich die libanesische Gesellschaft zu spalten droht. Wie sich das „in echt“ anfühlt, schilderte dann als Laudatorin niemand Geringeres als Sara El-Yafi, Politikberaterin, Schauspielerin und nicht zuletzt Enkelin des früheren libanesischen Premiers Abdullah Aref El-Yafi.
Und wenn dann noch Christian Friedel mit seinen Woods of Birnam und Solisten des Bayerischen Staatsorchesters spielt, wundert man sich spätestens, warum dieser Preis nicht da ist, wo er viel stärker hingehört: in den Medien. Wie gut, das es den Bayerischen Rundfunk gibt. Der macht zwar auch viel Quatsch, hat den Friedenspreis des deutschen Films in diesem Jahr aber erstmals mitgeschnitten und in seine Mediathek gestellt. [3][Watch for yourself!]
11 Jul 2018
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