taz.de -- WM-Podcast „Russisch Brot“: „Neumann soll Finale kommentieren“
Nele Hüpper über Hass gegen die ZDF-Reporterin Claudia Neumann – und Johannes Kopp über Fragen nach Spielen. Folge 10 unseres Podcasts.
Johannes Kopp war in Nischni Nowgorod. Er hat ein großes Drama gesehen. Mit 3:0 [1][demütigten die Kroaten] das Argentinien des Lionel Messi. Auf der anschließenden Pressekonferenz mit den Trainern schnellten die Finger nach oben. „So stellt man sich eine richtige Streberklasse vor“, sagt Kopp. Alle hatten Fragen, Fragen, Fragen.
Und was passierte? Zwei Damen, die wirkten, als seien sie vom Stadtmarketing Nischni Nowgorods, durften gleich zwei Fragen stellen. Die Kontakte der Frauen zum Leiter der Pressekonferenz müssen super sein. Also, Frage eins an den kroatischen Trainer Zlatko Dalić: „Herr Dalić, glauben Sie, dass es möglicherweise ausschlaggebend war, dass Sie vor dem Spiel in unserem Stadion trainiert haben, während der argentinische Trainer das Angebot ausgeschlagen hat?“ Frage zwei: „Herr Dalić, haben Sie denn schon die schönen Sehenswürdigkeiten unserer Stadt gesehen?“
Die Antworten des Herrn Dalić: Jeder Trainer handhabe das halt anders mit dem Training – und für Sightseeing habe er noch keine Zeit gehabt. Punkt.
So hinterließ dieses atemberaubende Spektakel von Nischni Nowgorod dann doch zwei recht enttäuschte Frauen.
Aus Berlin meldet sich diesmal Nele Hüpper, die gerade einen [2][Workshop der taz-Panterstiftung] zur Fußball-WM für Sportjournalistinnen absolviert. Warum hat es eigentlich bis zum Jahr 2018 gedauert, bis mit [3][Claudia Neumann] zum ersten Mal eine Frau WM-Spiele der Männer kommentierte? „Ich kann es mir nur so erklären, dass relativ wenige Frauen den Weg in Sportjournalismus gehen und noch weniger Frauen einen Schritt weiter gehen und ins Fernsehen gehen und sich als Kommentatorinnen versuchen.“
Dafür kriegt Neumann viel [4][Hass im Netz] ab, was Hüpper nicht nachvollziehen kann: „Ich mag ihre Art des Kommentierens. Kritik muss man äußern dürfen, aber nicht in diesem Rahmen, wie es jetzt gerade passiert. Das ist keine Kritik, das ist dämliches Hatespeech im Internet.“ Und: „Ich bin dafür, dass sie das WM-Finale kommentiert.“
„Russisch Brot“ ist der Podcast zur Fußball-WM 2018 von taz und detektor.fm. Sechs Tage die Woche – von Montag bis Samstag – melden sich unsere Reporter Andreas Rüttenauer und Johannes Kopp aus Russland. [5][Alle bisherigen Folgen finden Sie hier].
Darüber hinaus sprechen die KollegInnen aus Berlin über alles, was die WM, Sie und uns bewegt: über die Spiele, die kommen; über die Spiele, die waren; über den Videoschiedsrichter, die Politik und die Gesellschaft. Aus der Redaktion werden sich unter anderem Doris Akrap, Barbara Oertel, Jürn Kruse und Jan Feddersen melden.
Jeden Vormittag gibt es eine neue Folge zu hören: hier auf taz.de, bei [6][detektor.fm], bei [7][Spotify], [8][Apple Podcasts], [9][Deezer] und vielen anderen Podcast-Playern.
24 Jun 2018
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