taz.de -- Italienische Reaktion auf „Aquarius“-Streit: Frankreichs Botschafter einbestellt
Der französische Botschafter wurde wegen Macrons Vorwurf der „Verantwortungslosigkeit“ geladen. Italien hatte sich geweigert, Geflüchtete aufzunehmen.
Rom afp | Im Streit um das [1][Geflüchtetensschiff „Aquarius“] hat die italienische Regierung den französischen Botschafter einbestellt. Nach den „überraschenden“ Äußerungen des französischen Präsidenten zu dem Schiff mit 629 Geflüchteten an Bord werde der französiscbe Botschafter Christian Masset um 10.00 Uhr im Außenministerium erwartet, verlautete aus diplomatischen Kreisen in Rom.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte Italien wegen der [2][Weigerung, die Geflüchteten] aufzunehmen, „Zynismus und Verantwortungslosigkeit“ vorgeworfen. Er appellierte an Italien, das internationale Seerecht zu achten. Es schreibe vor, „dass im Notfall die am nähesten gelegene Küstenregion eine Pflicht zur Aufnahme“ von Geflüchteten habe. Die Zurechtweisung Macrons erfolgte kurz vor dem Antrittsbesuch des neuen italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte am Freitag in Paris.
Rom reagierte äußerst verärgert. Die neue, rechtskonservative Regierung machte deutlich, dass Rom „keine heuchlerischen Lektionen“ von Ländern wie Frankreich zum Flüchtlingsthema brauche.
Die 629 Geflüchteten hatten seit dem Wochenende auf der „Aquarius“ im Mittelmeer ausgeharrt. Nachdem Italien und Malta sich fast zwei Tage lang geweigert hatten, das Schiff in einen Hafen einlaufen zu lassen, [3][erklärte sich Spanien am Montag zur Aufnahme der Geflüchtenen bereit]. Am Dienstagabend starteten die „Aquarius“ sowie zwei italienische Schiffe in Richtung Valencia in Ostspanien, wie die Organisation SOS Méditerranée über den Kurzbotschaftendienst Twitter mitteilte.
Über das Schiff entbrannte der Streit zwischen den EU-Mitgliedstaaten gut zwei Wochen vor den Gipfelberatungen der EU zur Asylpolitik wieder voll.
13 Jun 2018
LINKS
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die Italiener sehen sich selbst gern als anständige Leute. Fragt sich nur, warum sie sich ausgerechnet eine rechte Regierung zugelegt haben.
Obwohl Spanien die Geflüchteten auf der „Aquarius“ übernimmt, dürfen sie in Italien nicht an Land. Ärzte warnen vor der Weiterreise.
Die EU hat Italien mit der Verantwortung für Geflüchtete alleingelassen – das glauben dort nicht nur die Rechten. Deshalb ist die Geste Spaniens wichtig.