taz.de -- Neuer Trainer beim FC Bayern: Ein Underdog beim Rekordmeister

Niko Kovac wird neuer Trainer des FC Bayern München. Mit dieser Entscheidung könnte die nächste Bundesligasaison spannender werden.
Bild: Ein Underdog als Erfolgsgarant? Niko Kovac wird in der nächsten Saison Trainer des FC Bayern

BERLIN taz | Es ist selten leichter gewesen, Trainer des FC Bayern München zu werden. Christian Streich, Coach des Abstiegskandidaten SC Freiburg, der für eine kurze Zeit von den Medien als möglicher Nachfolgekandidat von Jupp Heynckes gehypt wurde, hat diese neue Offenheit in der Trainerdebatte mit schöner Süffisanz beschrieben: „Ich wäre fast beleidigt gewesen, wenn bei den vielen Namen ich nicht irgendwann auch aufgetaucht wäre.“

Nachdem Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge vergeblich den 72-jährigen Heynckes bedrängten, sich für ein weiteres Jahr der Belastung von drei Wettbewerben auszusetzen und [1][auch Thomas Tuchel dankend ablehnte], ging es um die dritte Wahl. Der nun auserkorene recht unerfahrene Niko Kovac, der außer Eintracht Frankfurt noch kein anderes Vereinsteam gecoacht hat, kann damit gewiss leben. Er wurde vom FC Bayern mit einem Vertrag über drei Jahre ausgestattet. Für einen internationalen Erfolgstrainer mit gepflegtem Ego dagegen wäre solch ein Wechsel mit einem unakzeptablen Gesichtsverlust verbunden gewesen.

Man könnte das als verpatztes Krisenmanagement des FC Bayern geißeln. Das Interessante aber ist, dass es Hoeneß und Rummenigge, gar nicht anders wollten. Nach dem missglückten Engagement von Carlo Ancelotti setzten die Altvorderen das Kriterium „Deutschkenntnisse“ ganz nach oben auf die Liste, womit bereits eine Reihe interessanter Kandidaten ausgeschlossen war. Bei der Einstellung von Pep Guardiola hatte man noch dessen „innovatives Spielkonzept“ für das Wichtigste gehalten. Dass der Spanier anfangs nicht viel mehr als „super, super“ auf Deutsch sagen konnte, war wiederum nicht hinderlich, um in seiner Premierensaison mit einer auf dem Spielfeld selten gesehen Dominanz gleich das Double zu holen.

Den Schwergewichten Hoeneß und Rummenigge missfiel es aber mit der Zeit, dass das Dominanzstreben von Guardiola, wie bereits bei seinen Vorgängern Jürgen Klinsmann und Louis van Gaal, weit über das Spielfeld hinausging. Mit der Wahl von Niko Kovac verabschiedet sich der FC Bayern München endgültig von der Idee, die Kontrolle des Vereins einem Trainer zu übergeben, der bewiesen hat, dass er seine Visionen umsetzen kann. Lieber behalten Hoeneß und Rummenigge die Kontrolle über ihre Angestellten. So wurde auch mit dem einstigen Bayern-Spieler Hasan Salihamidzic einer Sportdirektor, der wenig vorweisen konnte.

Mit Flexibilität und Sinn für Strategie

Es ist die Abkehr vom einstmals geltenden Prinzip, immer die Besten der Besten zu holen. Und möglicherweise ist das gar nicht so verkehrt, wie einige auf den ersten Eindruck glauben mögen.

Niko Kovac hat weit mehr vorzuweisen, als seine Deutschkenntnisse und seine Meriten als einstiger Bayern-Spieler. Gewiss, hat er nur wenig Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Spielern internationaler Spitzenklasse. Auch hat er noch nie ein Team in einer Saison durch drei Wettbewerbe coachen müssen. Andererseits hat er bei Eintracht Frankfurt bewiesen, dass er innerhalb kürzester Zeit ein scheinbar wild zusammengestelltes Team zu einer mental und physisch starken Einheit formen und dieses kostengünstige Ensemble gar noch auf einen Champions-League-Platz führen kann. Mit großer Flexibilität hat Kovac seiner Eintracht immer wieder gute Strategien mit auf den Weg gegeben, um individuell besser besetzte Gegner zu schlagen.

Das sind reine Qualitäten eines guten Underdog-Trainers. In der Champions League könnte der FC Bayern davon gegen die hochgerüstete Konkurrenz profitieren. Die entscheidende Frage wird sein, ob es Kovac gelingt, Konzepte für einen Dominanzfußball zu entwerfen. Das ist absolutes Neuland für ihn. Es ist gut möglich, dass die nächste Bundesligasaison spannender werden wird.

13 Apr 2018

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Johannes Kopp

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