taz.de -- Grimme-Preis für Maren Kroymann: Frau, 68, lesbisch – geht doch!
Bei ihr werde „Haltung zu Unterhaltung“, erklärte die Jury: Maren Kroymann wurde mit einem Grimme-Preis ausgezeichnet.
„Und der diesjährige Grimme-Preis in der Kategorie Unterhaltung geht an … Jan Böhmermann.“ Schon wieder. 2014, 2016, 2017 und auch dieses Jahr gehörte der deutsche Satiriker und Fernsehmoderator mit seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ zu den Preisträgern. Am vergangenen Freitag bekam er die Auszeichnung für seinen 22-minütigen Rant auf die deutsche Musikindustrie und ihre Künstler*innen wie Max Giesinger. Auch das #GosslingGate aus „Circus HalliGalli“ von Klaas Heufer-Umlauf und Joko Winterscheidt überzeugte die Jury. Guten Humor im Fernsehen scheint es in Deutschland wohl vor allem von mittelalten weißen Männern zu geben.
Zum Glück nicht nur: Ausgezeichnet wurde nämlich auch Maren Kroymann. Für die Radio-Bremen-Produktion und Sketch-Comedy „Kroymann“ wurde ihr in Marl der renommierte Fernsehpreis übergeben. Bei „Kroymann“ werde Haltung zu Unterhaltung, erklärte die Jury.
Und ihre Haltung ist eine, die im deutschen Fernsehen zu wenig Spielzeit bekommt. „Kroymann“ beschäftigt sich mit gesellschaftlichen Diskursen wie #MeToo und nimmt Geschlechterrollen aufs Korn – stets aus einer selbstironischen und feministischen Perspektive.
Die Relevanz ihrer Sendung fasste die Grimme-Preisträgerin mit einem Instagram-Post selbst am besten zusammen: „Freude ist gar kein Ausdruck. Die Nominierung war schon grandios. Aber jetzt kriegen wir sogar den Preis – für eine feministische Sketch-Comedy mit einer 68-jährigen Lesbe! Geht doch.“
Von 1993 bis 1997 hatte Kroymann mit „Nachtschwester Kroymann“ schon einmal eine Satiresendung bei der ARD. Seitdem war die Schauspielerin immer wieder im deutschen Kino („Mängelexemplar“) und Fernsehen („Eichwald, MdB“) zu sehen. Doch erst 20 Jahre später, seit März 2017, ist sie wieder mit ihrer eigenen Sendung zu sehen, die auch schon mit dem Juliane-Bartel-Preis ausgezeichnet wurde.
Mit Sophie Passmann („Neo Magazine Royal“) und Hazel Brugger („Heute Show“) gibt es zwar lustige Frauen im Fernsehen – doch neben den ganzen Böhmermanns, Barths und Winterscheidts bekommen sie nur einen kleinen Teil der Aufmerksamkeit ab. Umso wichtiger ist es, dass Frauen in der männlich dominierten Comedy-Branche für ihre Arbeit gewürdigt werden. Und für das deutsche Fernsehen lässt sich nur hoffen, dass neben den bestehenden drei „Kroymann“-Folgen noch weitere folgen werden.
15 Apr 2018
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Maren Kroymann ist eine der großen Kabarettistinnen der Republik. Ab Donnerstag ist sie in Berlin auf der Bühne und auch im TV zu sehen.
Kroymann war die erste Frau im deutschen Fernsehen mit eigener Satire-Sendung. Heute ist sie noch immer eine der Wichtigsten der Bühnenrepublik.
Jedes Land hat die Polit-Serie, die es verdient. Trotz aller Übertriebenheit ist „Eichwald, MdB“ verdammt nah dran am deutschen Politikeralltag.
Als Reporterin für die „Heute-Show“ wurde Hazel Brugger in Deutschland bekannt. Ein Gespräch über gut vorbereitete Schlagfertigkeit und lustige Abgeordnete.
Radio Bremen hat preisgekrönte Formate produziert. Was in der Unterhaltungssparte gelingt, soll nun auch journalistisch zünden.
Kein Fotojournalismus-Preis ist renommierter, keiner kontroverser. Dabei fing alles ganz einfach an. Der World Press Photo Award und seine Geschichte.
Die Welt guckt lokal. Gute Serien-Produktionen kommen dank Streamingplattformen längst nicht mehr nur aus Hollywood.
Dark, Babylon Berlin und 4Blocks räumen bei der Preisvergabe ab. Aber auch alte Bekannte wie Jan Böhmermann bekommen eine Auszeichnung.
In den Serien der diesjährigen Berlinale sind starke Frauenfiguren die Stars. In Sachen Diversität ist man aber kaum weiter.