taz.de -- Kolumne Wir retten die Welt: Die Öko-Vergangenheit der Angela M.

Bei ihrer Regierungserklärung schwieg die Kanzlerin zu Klima, Umwelt, Nachhaltigkeit. Aber Angela Merkel kann auch ganz anders.
Bild: Damals noch voll öko: Physikerin Angela Merkel im Jahr 1997

Herzlich willkommen im Deutschen Bundestag. Das Wort hat Frau Dr. Angela Merkel.

„Herr Präsident, meine Damen und Herren. Die Bundesrepublik durchlebt gegenwärtig eine der schwierigsten Phasen seit ihrer Gründung. Wir dürfen dabei nicht die langfristigen Lebensgrundlagen in Deutschland und auf dem Globus aus dem Blickfeld verlieren. Es kann uns nicht gleichgültig sein, welche Auswirkungen zum Beispiel die Klimaerwärmung auf das menschliche Leben in zwanzig oder dreißig Jahren hat. Die zentrale Frage lautet deshalb: Sind Umwelt- und Naturschutz nur eine Politik für ,gute Zeiten'? Welchen Preis sind wir für unser Überleben und das unserer Kinder zu zahlen bereit?“ (Beifall bei allen Fraktionen außer der AfD)

„Ein Nachhaltigkeitsindex ist nicht so einfach zu bestimmen. Aber es ist notwendig, auch in der Umweltpolitik Ziele und Aufgaben nachvollziehbar, wenn möglich sogar quantifizierbar zu machen“ (Grüne: „Die meisten Öko-Indikatoren zeigen ins Negative!“)

„Es gibt kein konfliktfreies Verhältnis von Ökonomie und Ökologie!“ (Zustimmung bei der Linksfraktion).

„Die Leistungsfähigkeit der Natur nicht überfordern!“

„Wirtschaftliches Wachstum hat sich an den Kapazitäten und Möglichkeiten der ökologischen Systeme auszurichten.“ (Schnappatmung bei der FDP) „Die Leistungsfähigkeit der Natur darf nicht überfordert werden.“ (CSU: „Vor allem nicht in unserem schönen Bayern!“)

„Der Staat muss eingreifen, wenn Schäden für Mensch und Umwelt entstanden sind. Der Gedanke einer Umweltpolitik, die über Gefahrenabwehr hinausgeht und Risikovorsorge betreibt, ist sofort einleuchtend.“ (Zwischenruf der AfD: „Sie wollen deutschen Bürgern in deutschen Städten deutsche Fahrverbote aufzwingen!“)

„Wir werden die Globalisierung nicht in Einklang mit dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen bringen, wenn wir keine Gleichrangigkeit internationaler Umweltabkommen mit dem Prinzip des freien Handels erzielen.“ (Tweet aus dem Weißen Haus: „WHAT THE FUCK …“)

„Deutschland ist eine sehr ehrgeizige CO2-Minderungsverpflichtung eingegangen, die ich für eines der entscheidenden Umweltziele in unserer Gesellschaft halte. International werden wir nur Länder zum Handeln bewegen, wenn wir in den Industrieländern wirklich etwas an unserem Lebensstil ändern.“ (Vorsichtiger Applaus bei der SPD)

„Wir brauchen weltweite Umweltstandards. Eigentlich müsste dies von Interesse für deutsche Unternehmen sein. Paradoxerweise werden aber internationale Umweltabkommen gerade auch von deutschen Firmen blockiert. Sie haben die Tendenz, die niedrigeren Umweltstandards im Ausland zum allgemein akzeptierten Prinzip ihres Handelns zu machen, nicht aber die Umweltauflagen, die in Deutschland gelten. Hier muss die nationale Politik auch Konflikte mit ihren Unternehmen eingehen.“ (Die Wirtschaftspolitiker der Union verlassen unter Protest den Saal.)

„Eine erfolgreiche internationale Umweltpolitik setzt nicht zuletzt das eigene nationale Handeln als Beispiel voraus. Wir werden die Schwerfälligkeit internationaler Prozesse nur durch gute Beispiele im eigenen Land überwinden können.“ (Heiterkeit bei der Opposition)

Um ehrlich zu sein: Die Reaktionen auf Merkels Aussagen sind Fiktion.

Die Zitate dagegen stammen von Merkel – aus einem Buch, das sie 1997 als Umweltministerin schrieb. Der Titel erklärt, warum die Frau, die noch alles überstanden hat, heute so ganz anders redet: „Der Preis des Überlebens“.

23 Mar 2018

AUTOREN

Bernhard Pötter

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