taz.de -- Referendum Abtreibungsverbot in Irland: Diesmal könnte es klappen

Im Mai soll die Bevölkerung über eine Änderung der Verfassung abstimmen. Die Mehrheit der Wähler ist für die Aufhebung des Verbots.
Bild: Ende September 2017 demonstrierten Frauen für die Aufhebung des Abtreibungsverbots

Dublin taz | Das Datum war passend: Die irische Regierung veröffentlichte am Donnerstag, dem Internationalen Frauentag, den Text für ein Referendum, um das absolute Abtreibungsverbot aus der Verfassung zu streichen. Beide Kammern des Parlaments sollen so schnell wie möglich zustimmen, damit der Volksentscheid am 25. Mai stattfinden kann.

Die Verfassung räumt dem Fötus dasselbe Lebensrecht wie der Schwangeren ein. Selbst bei Lebensgefahr für die Frau darf die Schwangerschaft nicht abgebrochen werden, solange der Fötus eine Überlebenschance hat. Dieser Paragraf wurde 1983 per Volksentscheid in die Verfassung aufgenommen.

Nun will man die Wahlberechtigten fragen, ob sie einverstanden sind, den Paragrafen zu streichen. „Wenn er abgeschafft wird“, sagte Niamh Uí Bhriain von einer der zahlreichen Antiabtreibungsorganisationen, „dann wird auch der einzige verfassungsrechtliche Schutz für ungeborene Kinder abgeschafft“.

Es bestehen dennoch kaum Zweifel, dass eine Mehrheit der Wahlberechtigten der Streichung zustimmen wird. Aber was kommt danach? Die Regierung will im Herbst ein Gesetz zur Abtreibung verabschieden. Der Text soll am Freitag veröffentlicht werden, aber es ist kein Geheimnis, was drinstehen wird.

Die Bürgerversammlung, deren 99 Mitglieder einen Querschnitt der Bevölkerung repräsentieren, hatte Ende 2017 vorgeschlagen, Abtreibungen bis zur 12. Schwangerschaftswoche auf Verlangen zu erlauben. Dem wird die Regierung folgen. Bei Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Schwangeren sowie bei fötalen Missbildungen kann die Schwangerschaft auch später abgebrochen werden, wenn die Ärzte zustimmen. Premier Leo Varadkar sagte, mit dem Referendum bitte man die Öffentlichkeit, Frauen zu vertrauen. „Außerdem beinhaltet es die Frage“, sagte er, „ob man unseren Ärzten vertraut, im späteren Stadium der Schwangerschaft zu bestimmen, ob eine Abtreibung medizinisch angebracht ist.“

Regierung und Opposition sind dagegen

Das Gesetz ist höchst umstritten, weder die Regierungspartei Fine Gael noch die großen Oppositionsparteien Fianna Fáil und Sinn Féin sind offiziell für diese Regelung. So hängt es von den einzelnen Abgeordneten ab, ob das Gesetz im Herbst verabschiedet wird. Einen Fraktionszwang soll es nicht geben.

Dabei ist das Gesetz seit mehr als einem Vierteljahrhundert überfällig. 1992 hatte das höchste irische Gericht entschieden, dass ein Abbruch bei Lebensgefahr für die Schwangere zulässig sei. Dazu zählten die Richter Suizidgefahr. Das Urteil bezog sich auf eine 14-Jährige, die nach einer Vergewaltigung schwanger geworden war. Das Landgericht hatte dem Mädchen die Ausreise zu einer Abtreibungsklinik in England verwehrt. Sämtliche irische Regierungen haben sich seitdem gedrückt, ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden.

Die Regierung musste auf ein Urteil des höchsten irischen Gerichts warten, bevor sie das Referendum am Donnerstag ausrufen konnte. Am Mittwoch hatten die sieben Richter einstimmig geurteilt, dass ein Fötus laut Verfassung lediglich das Recht auf Leben, aber keine weitergehenden Rechte habe. Das Urteil bezog sich auf die Klage eines Nigerianers. Er wollte seine Abschiebung verhindern, weil seine irische Freundin damals schwanger war und der Fötus nach seiner Auffassung ein Recht auf den Vater habe. Ein Schwurgericht stimmte ihm zu, doch die Regierung ging in Berufung. Die Richter erklärten, dass das Schwurgericht falsch lag, als es einen Fötus als Kind einstufte. Daraus folge aber nicht, dass der Vater abgeschoben werden könne.

8 Mar 2018

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Ralf Sotscheck

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