taz.de -- Kidnapping von Trinh Xuan Thanh: Anklage gegen Fahrer erhoben
Im Sommer wurde der vietnamesische Ex-Politiker Trinh Xuan Thanh aus Berlin entführt. Nun wird der Fahrer des Tatfahrzeugs angeklagt.
Berlin taz | Die Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen einen Tatbeteiligten an der Entführung des vietnamesischen Ex-Politikers Trinh Xuan Thanh am Berliner Kammergericht erhoben. Das erfuhr die taz von der Anwältin der Nebenklage, Petra Schlagenhauf. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe wollte dies der taz weder bestätigen noch dementieren.
Bei dem Angeklagten handelt es sich um den vietnamesischen Staatsangehörigen Hai Long N. Er hatte vor seiner Festnahme im tschechischen Prag gelebt und im dortigen Sapa-Markt, dem größten Asiamarkt Europas, eine Geldtransferfirma betrieben.
Auf seine Spur kamen die Ermittler, weil er in Prag das Tatfahrzeug gemietet hatte, aus dem heraus Trinh Xuan Thanh im Berliner Tiergarten gekidnappt und in die vietnamesische Botschaft in Berlin verschleppt wurde. Am Tag nach der Entführung hatte er das Fahrzeug, einen VW-Transporter, auch zurückgegeben. Es ist wahrscheinlich, dass er während der Entführung auch am Steuer saß.
Rund einen Monat zuvor hatte er dasselbe Fahrzeug bereits ein erstes Mal geliehen und war damit laut GPS 2.000 Kilometer quer durch Europa gefahren. Die Ermittler gehen davon aus, dass bei dieser Tour die Entführung logistisch vorbereitet wurde.
Die Bundesanwaltschaft hatte im August die Auslieferung von Hai Long N. aus Tschechien beantragt, weil sie gegen ihn wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit und Teilnahme an einem Menschenraub ermittelt. Seit dem 23. August sitzt er in Berlin in Untersuchungshaft.
Diplomaten genossen Immunität
Das Verfahren gegen ihn wurde nach Erkenntnissen der taz von dem Verfahren gegen die Drahtzieher der Entführung – vietnamesische Geheimdienstoffiziere und Diplomaten – abgetrennt. Dort sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. Als Hauptverdächtiger gilt Duong Minh Hung, Vize-Chef des vietnamesischen Sicherheitsdienstes.
Hung war nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung während der Entführung in Berlin, gemeinsam mit zwei weiteren hochrangigen Geheimdienstlern.
Diplomaten haben sich den Angaben zufolge um den Rücktransport des Entführten nach Hanoi gekümmert und seine Spuren in einem Berliner Hotel beseitigt. Gegen sie darf wegen ihrer diplomatischen Immunität nicht ermittelt werden. Zwei Diplomaten wurden allerdings aus Deutschland ausgewiesen. Der angeklagte Hai Long N. gilt im Entführernetzwerk nur als kleines Licht. Ermittelt wird auch gegen weitere Migranten in Deutschland und Tschechien, ohne dass es bisher einen weiteren Haftbefehl gibt.
Dem Vernehmen nach könnte der Prozess am Berliner Kammergericht im April oder Mai beginnen.
1 Mar 2018
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