taz.de -- Rechte Gewalt in Berlin und Brandenburg: Die Rassisten sind unter uns

In der Region gab es im letzten Jahr erstmals wieder weniger rechte Gewalttaten. Doch die Zahl ist immer noch höher als vor dem Anstieg rassistischer Mobilisierungen.
Bild: In Cottbus gibt es momentan die größten flüchtlingsfeindlichen Proteste – und die meisten Gewalttaten

Erst kommen die Demonstrationen, dann die Gewalttaten – gibt es weniger rechte Veranstaltungen, so geht auch die Zahl rechter Straftaten wieder zurück. So könnte man die Bilanz rechter Gewalt interpretieren, die am Dienstag sowohl in Berlin als auch in Brandenburg für das Jahr 2017 präsentiert wurde.

In beiden Ländern ist die Zahl rechter Übergriffe nach dem massiven Hoch von 2015 und 2016 wieder gesunken: In Berlin erfasste die Opferberatungsstelle ReachOut für das Jahr 2017 genau 267 solcher Angriffe, rund 30 Prozent weniger als im Vorjahr. In Brandenburg geht der Verein Opferperspektive von 171 Taten aus, ein Rückgang um rund 25 Prozent.

Allerdings: Das Niveau aus dem Jahr 2014, also vor dem Beginn der flüchtlingsfeindlichen Protestwelle, ist damit noch lange nicht wieder erreicht. 92 rechte Gewalttaten wurden damals in Brandenburg gezählt, in Berlin waren es 179.

2015 gab es dann in beiden Bundesländern wöchentlich flüchtlingsfeindliche Demonstrationen und Kundgebungen, parallel dazu stieg die Zahl rechter Gewalttaten bis 2016 deutlich an. Diese Welle ist noch nicht vorbei: Die Zahlen aus dem letzten Jahr sind in Brandenburg fast doppelt so hoch wie 2014, in Berlin wurden 2017 rund ein Drittel mehr rechte Gewalttaten begangen als damals.

In beiden Bundesländern ist das häufigste Tatmotiv weiterhin Rassismus; in Brandenburg stieg der Anteil der Taten, denen diese Motivation zugrunde liegt, sogar noch einmal an. Die meisten Opfer rassistischer Gewalt in Brandenburg waren Flüchtlinge. „Solange die Orte fehlen, an denen sich Geflüchtete angstfrei bewegen können“, erklärte dazu die Geschäftsführerin der Opferperspektive, Judith Porath, sei eine „Gesellschaft, in der sich Alteingesessene und Neuangekommene auf Augenhöhe begegnen können“, nicht möglich.

Schwerpunkt in Neukölln

In Berlin ist sowohl der Anteil homophober Attacken als auch der rechter Angriffe gegen politische Gegner gestiegen. Dass insbesondere in Neukölln Menschen in den Fokus rechter Gewalt rücken, die sich gegen Rassismus positionieren, belegen dabei auch die Zahlen von ReachOut. Zwar wurden nach wie vor die meisten Straftaten im Bezirk Mitte verzeichnet, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass hier die meisten Veranstaltungen stattfinden. Doch anders als in den vergangenen Jahren kommt dahinter nicht Marzahn-Hellersdorf, sondern Neukölln – die aktuelle Anschlagsserie gegen politisch Engagierte hat die Zahl dort deutlich in die Höhe schnellen lassen.

Hochburg Cottbus

In Brandenburg gibt es weiterhin einen einsamen Spitzenreiter: In der Stadt Cottbus wurden auch 2017 mehr rechte Gewalttaten gemeldet als irgendwo sonst im Land. 32 Fälle waren es hier, danach kommt der Landkreis Ostprignitz-Ruppin mit 16 Delikten. Auch in Brandenburg ist der Zusammenhang mit rechtem Demonstrationsgeschehen überdeutlich: Die flüchtlingsfeindlichen Demos des Vereins Zukunft Heimat sind die mit Abstand relevanteste rechte Straßenmobilisierung, die es zurzeit in Brandenburg gibt.

Werner Graf, Chef der Berliner Grünen, zeigte sich am Dienstag mit Blick auf die neuen Zahlen erleichtert, betonte aber auch: „267 Angriffe auf Menschen in unserer Stadt sind immer noch 267 Angriffe zu viel.“

13 Mar 2018

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Malene Gürgen

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