taz.de -- Wechsel an Zentralbank-Spitze: Weidmann wittert EZB-Luft

Spaniens Finanzminister soll Vize der Europäischen Zentralbank werden: Bundesbanker Weidmann könnte deshalb die Nachfolge von Draghi antreten.
Bild: Wird nächstes Jahr vielleicht EZB-Chef: Bundesbankpräsident Jens Weidmann

BRÜSSEL taz | Deutschland hat sich für die Ernennung des spanischen Wirtschaftsministers Luis de Guindos zum Vizepräsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgesprochen. Der konservative Spanier „wäre eine vortreffliche Wahl“, sagte der geschäftsführende Bundesfinanzminister Peter Altmaier (CDU) vor einem Treffen der Eurogruppe in Brüssel.

Seine Empfehlung begründete Altmaier damit, dass de Guindos in der Eurokrise sehr eng mit Ex-Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zusammengearbeitet habe. Tatsächlich hat der konservative Spanier die Sparvorgaben aus Berlin und Brüssel ohne vernehmliches Murren umgesetzt und sein Land vergleichsweise schnell aus der Krise geführt.

Allerdings hat die deutsche Unterstützung für de Guindos noch einen anderen Hintergrund. Sollte der Spanier tatsächlich für die Nachfolge des Portugiesen Vítor Constãncio als EZB-Vize nominiert werden, so hätte der amtierende Bundesbankpräsident Jens Weidmann gute Chancen, im Herbst 2019 zum Nachfolger von EZB-Präsident Mario Draghi aufzurücken.

Denn für die Nominierungen bei der EZB gilt eine ungeschriebene Proporzregel. Auf einen Südeuropäer muss ein Nordeuropäer folgen – und zu den Nordlichtern wird Weidmann durchaus gezählt. Zwar stand dem Deutschen zunächst noch ein weiterer nordeuropäischer Kandidat im Wege. Doch der irische Zentralbankchef Philip Lane zog am Montag seine Kandidatur überraschend in letzter Minute zurück. Auch das EU-Parlament hatte sich für Lane ausgesprochen. Allerdings hat es bei der Neubesetzung nur eine beratende Funktion. So hatten vor sechs Jahren die Länder den Luxemburger Yves Mersch gegen den Willen des EU-Parlaments ins sechsköpfige EZB-Direktorium berufen.

Guindos und Weidmann sind umstritten

Es habe viel Unterstützung für Lane gegeben, sagte der irische Finanzminister Paschal Donohoe. Die Neubesetzung bei der EZB solle aber „im Konsens“ getroffen werden. Deshalb ziehe Irland die Bewerbung schweren Herzens zurück. Damit steht die Entscheidung für de Guindos so gut wie fest – und Weidmann wittert EZB-Luft.

Allerdings sind die Würfel noch nicht gefallen – und die Kritik an de Guindos und an Weidmann ist noch längst nicht verstummt. So gibt es Zweifel, dass de Guindos nach seinem Wechsel nach Frankfurt wirklich unparteiisch agieren wird – als Finanzminister war und ist er eng mit der konservativen PP in Spanien verbunden.

Dass nun ein so exponierter und umstrittener Politiker in die laut EU-Vertrag „unabhängige“ Zentralbank aufsteigt, erfüllt viele traditionelle Notenbanker mit Unbehagen. Und dass dies ausgerechnet den geldpolitischen Hardliner Weidmann begünstigt, sorgt auch für Sorgenfalten – zumindest in Paris und Rom, wo man mit der lockeren Geldpolitik des Italieners Draghi äußerst zufrieden war.

Merkel hat das letzte Wort

Weidmann, 49 Jahre alt, hat sich wiederholt gegen die Niedrigzinspolitik und das Anleihenkaufprogramm der EZB ausgesprochen. Er darf sich deswegen der Unterstützung der CDU sicher sein, wenn er 2019 für die Draghi-Nachfolge antreten will. Die SPD hat sich aber noch nicht festgelegt. Der vorläufige Koalitionsvertrag enthält keine Aussagen zur Geldpolitik. Das letzte Wort hätte wohl Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Zunächst muss jedoch de Guindos noch offiziell bestätigt werden. Nach dem Treffen der Eurogruppe am Montag müssen an diesem Dienstag auch noch die EU-Finanzminister zustimmen. Die endgültige Entscheidung dürfte dann jedoch auf dem EU-Gipfel am 22. März fallen, an dem auch Merkel teilnimmt.

19 Feb 2018

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Eric Bonse

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