taz.de -- Kolumne Die Couchreporter: Er ist wieder da

Nach vier Jahren erscheint die achte Staffel von „Pastewka“ mit dem Comedian Bastian Pastewka. Sie erzählt vom Niedergang eines Mannes.
Bild: Soviel Nacktheit und Sex hat es in der deutschen Comedy lange nicht gegeben

Intertextualität, Metafiktionalität, Selbstreferentialität und Zitate ohne Ende. Vor 13 Jahren war „Pastewka“ die erste wirklich postmoderne deutsche Fernsehserie. In der gab der [1][Comedian Bastian Pastewka] zum Fremdschämen komisch einen Comedian namens Bastian Pastewka, der, wie er, Louis de Funès und „Die drei ???“ liebte und auch sonst einiges mit ihm gemeinsam hatte. Etwa das obsessive Seriengucken. Was hat er nicht alles erduldet, um endlich an die beim Zollamt liegende „Homeland“-DVD zu kommen (wer in Berlin schon einmal einen ganzen Tag beim Zollamt Schöneberg verbracht hat, konnte mitfühlen).

In der achten Staffel handelt nun eine Episode von seinem verzweifelten Bemühen um eine andere DVD aus einem unverhohlen produktplatzierend ins Bild gesetzten Elektronikmarkt. Die Kassiererin zitiert Hella von Sinnen: „Helga! Der Pastewka kennt ‚Game of Thrones‘ nicht!“ Dass Pastewka im Streamingzeitalter noch DVDs guckt, entbehrt nicht einer – selbstreferentiellen – Ironie. Kommt doch diese achte Staffel „Pastewka“ nicht länger von Sat.1, sondern von Amazons hauseigenem Streamingdienst.

[2][Vier lange Jahre sind vergangen], und Pastewka hat in der Zwischenzeit viele (amerikanische) Serien geguckt, die auch alle genannt werden. Nein, bestimmt hat er noch viel mehr geguckt. Er hat sich an einer deutschen Version („Morgen hör ich auf“) von „Breaking Bad“ versucht. Und versucht jetzt unübersehbar, seine (Seh-)Erfahrungen in den neuen, tragikomischen „Pastewka“ einzubringen.

Mit ganz viel Nacktheit und Sex

Da wird nun – horizontal – über zehn Folgen der Niedergang eines Mannes erzählt. Da macht er gleich in der ersten Folge – versehentlich – Schluss mit Langzeitfreundin und Beinahe-Ehefrau Anne. Da schmeißt er – zum Teufel mit der ganzen Metafiktion – seinen Job als schwuler, blähhälsiger, Mankini-gezwickter Sidekick in der Serie „Frier“. – Ach ja: Die alten Bekannten, Kessler, Engelke & Co, sind alle wieder mit von der Partie, wenn auch nur, wie Hugo Egon Balder, für eine kurze Einstellung.

Da haust er fortan nicht länger in seiner großzügigen Stadtvilla, sondern beschäftigungslos und unbeweibt in einem engen Wohnmobil. Das er erst mal in einem FKK-Camp abstellt. Auch das ist neu: Soviel Nacktheit und Sex hat es in der deutschen Comedy seit „Klimbim“ nicht mehr gegeben, als man es auf eine irgendwie anarchische Weise lustig fand, wenn Ingrid Steeger und Elisabeth Volkmann bei jedem dritten Gag ihre Brüste auspackten.

Aber das waren andere Zeiten. Damals, in den Siebzigern, hat Pastewka, Jahrgang 1972, natürlich noch Kinderprogramm geguckt. Das seinerzeit genauso antiautoritär sein wollte, wie „Klimbim“ sich verstand. Wenn Pastewka, ganz am Anfang, noch ist seine kleine Welt halbwegs in Ordnung, sich spätabends auf dem Sofa einrichtet, um [3][das Finale der dritten Staffel „Twin Peaks“] zu gucken – hat er sich dafür ein Ratz-und-Rübe-T-Shirt angezogen.

Dieses Ratz-und-Rübe-T-Shirt, das kann sich keiner ausdenken! Es beweist: Bei aller postmodernen Ironie ist es Bastian Pastewka im Grunde doch sehr ernst mit seiner Liebe zum Fernsehen.

7 Feb 2018

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AUTOREN

Jens Müller

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