taz.de -- Vor Cavusoglus Besuch bei Gabriel: Bewegung im Fall #FreeDeniz

Am Samstag ist der türkische beim deutschen Außenminister. Eine Gerichtsentscheidung zu Deniz Yücels U-Haft ist jetzt näher gerückt.
Bild: #FreeDeniz – zumindest bald aus der U-Haft? Plakate am taz-Gebäude

Istanbul dpa | Vor dem Besuch des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu bei seinem deutschen Kollegen Sigmar Gabriel kommt Bewegung in den Fall Deniz Yücel: Die Regierung in Ankara hat nach neun Monaten ihre Stellungnahme beim türkischen Verfassungsgericht zur Beschwerde des Welt-Korrespondenten gegen dessen Untersuchungshaft eingereicht, wie die Welt berichtete. Die darin erhobenen Vorwürfe gingen nicht über die hinaus, die die Regierung in einer früheren Stellungnahme zur Beschwerde Yücels beim Europäischen Gerichtshof (EGMR) in Straßburg eingereicht hatte.

Die Welt berichtete, in der neuen Stellungnahme würden Yücel weiterhin Terrorpropaganda und Volksverhetzung auf Grundlage seiner Artikel vorgeworfen. Das Verfassungsgericht habe Yücel und dessen Anwälten eine Frist von zwei Wochen für eine Reaktion eingeräumt. Danach könnte das höchste türkische Gericht darüber entscheiden, ob Yücel bis zu einem Urteil in einem Verfahren auf freien Fuß gesetzt wird oder ob er in Haft bleiben muss.

Die Türkei könnte mit einer Entscheidung durch das eigene Verfassungsgericht einem Urteil des EGMR zuvorkommen, das erst im Frühjahr erwartet wird. Auch Yücels Arbeitgeber, die WeltN24 GmbH, klagt vor dem EGMR wegen der Verletzung der Pressefreiheit durch die Inhaftierung.

Seit Ende Oktober hatten türkische Gerichte bei mehreren Deutschen ein Ende der Untersuchungshaft oder ein Aufheben der Ausreisesperre angeordnet. Die Entscheidungen waren in Berlin als Zeichen der Entspannung aufgenommen worden.

Justiz zur Prozessbeschleunigung ermutigt

Am Samstag wird Cavusoglu bei Gabriel in dessen Heimatort Goslar erwartet. Der Fall Yücel ist der größte Streitpunkt in den bilateralen Beziehungen. Cavusoglu hatte sich kürzlich zuversichtlich gezeigt, dass sich das Verhältnis nach der schweren Krise im vergangenen Jahr wieder normalisiert. Aus Sicht der Bundesregierung ist das ausgeschlossen, solange Yücel ohne Anklage in U-Haft sitzt.

Weil trotz der seit Februar andauernden Untersuchungshaft immer noch keine Anklageschrift gegen Yücel vorliegt, ist der Beginn eines Prozesses nicht absehbar. Ende März hatte Yücel Beschwerde beim Verfassungsgericht in Ankara gegen die U-Haft eingelegt, Anfang April beim EGMR in Straßburg. Dort hatte die türkische Regierung ihre Stellungnahme im November eingereicht und darauf verwiesen, dass der Rechtsweg in der Türkei noch nicht ausgeschöpft sei.

Cavusoglu hatte in einem an Neujahr veröffentlichten Interview zum Fall Yücel gesagt: „Auch ich bin nicht sehr glücklich darüber, dass es noch immer keine Anklage gibt.“ Seine Regierung habe die Justiz „ermutigt“, den Prozess zu beschleunigen. Die Vorwürfe gegen Yücel seien allerdings „sehr ernst“, die Ermittlungen dauerten an.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Yücel im März vorgeworfen, ein „deutscher Agent“ und „Terrorist“ zu sein. Diese Vorwürfe finden sich nicht in den Stellungnahmen aus Ankara.

4 Jan 2018

TAGS

Deniz Yücel
Mevlüt Çavuşoğlu
Türkei
Pressefreiheit in der Türkei
Deniz Yücel
Türkei
Sigmar Gabriel
Schwerpunkt Emmanuel Macron
Deniz Yücel
taz.gazete
Deniz Yücel
Deniz Yücel

ARTIKEL ZUM THEMA

Urteil des türkischen Verfassungsgerichts: Zwei Journalisten kommen frei

Das türkische Verfassungsgericht sieht die lange U-Haft im Fall von zwei Journalisten als Rechtsverletzung. Das Urteil könnte zum Präzedenzfall werden.

Rüstungsexporte in die Türkei: Tausche Panzerung gegen Deniz Yücel

Sigmar Gabriel möchte wieder mehr Rüstungsgüter in die Türkei exportieren lassen. Los geht es offenbar mit Panzer-Zubehör.

Annäherung von EU und Türkei: Atomkraft in Paris, Tee in Goslar

Erdoğan besucht Macron, sein Außenminister flirtet mit Gabriel. Die Türkei und die EU wollen ihre politischen Beziehungen wiederbeleben.

Replik des „Welt“-Korrespondenten: Trost für Cavusoglu

Seit über zehn Monaten sitzt Deniz Yücel in der Türkei ohne Anklage in U-Haft. Nun reagiert er auf die Aussagen des türkischen Außenministers zu seinem Fall.

#FreeDeniz: Türkei antwortet Yücel

Die türkische Regierung antwortet erstmals auf die Beschwerde des inhaftierten Korrespondenten vor dem Verfassungsgericht des Landes zu seiner Inhaftierung

Kommentar Türkei und #FreeDeniz: Freiheit im Konjunktiv

Eine Normalisierung der deutsch-türkischen Beziehung ist erst nach Deniz Yücels Freilassung denkbar. Dafür gibt es jetzt erste Anzeichen.

Türkischer Minister über Deniz Yücel: Prozess soll „beschleunigt“ werden

Der türkische Außenminister kritisiert, dass Yücel noch nicht angeklagt wurde. Das Land versucht, die Beziehungen nach Europa zu verbessern.