taz.de -- Verkaufsoffener Sonntag in Berlin: Gericht schließt Geschäfte

Grüne Woche oder ITB sind nicht unbedingt im öffentlichen Interesse für die Stadt, urteilt das Verwaltungsgericht – und kassiert drei verkaufsoffene Sonntage in 2018.
Bild: Vorerst gehört der Sonntag wieder Vati und Mutti

Das Berliner Verwaltungsgericht hat der Sonntagsöffnung von Geschäften aus Anlass von Großveranstaltungen vorerst einen Riegel vorgeschoben. Nach einer am Donnerstag veröffentlichten Eilentscheidung müssen die Läden an den Sonntagen während der Grünen Woche im Januar, der Berlinale im Februar und der Internationalen Tourismusbörse (ITB) im März geschlossen bleiben. Die große Zahl von Besuchern bei den Veranstaltungen sei allein kein ausreichender Sachgrund, so die Richter (Az: VG 4 L 527.17).

Der Berliner Senat hatte die fraglichen Termine am 28. Januar, 18. Februar und 11. März als verkaufsoffene Sonntage festgelegt und dies mit einem öffentlichen Interesse begründet. Die Gewerkschaft Verdi hatte dagegen geklagt und auf die vom Grundgesetz geschützte Sonntagsruhe verwiesen. Die Senatsverwaltung für Arbeit kündigte an, gegen den Beschluss wegen seiner grundsätzlichen Bedeutung Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einzulegen.

Der Senat argumentiert, Grüne Woche, Berlinale und ITB zögen viele Besucher aus dem In- und Ausland an. Die Ereignisse hätten eine Bedeutung für die gesamte Stadt, weshalb eine flächendeckende Geschäftsöffnung auch am Sonntag nötig sei.

Dem widersprach die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts. Allein der Umstand, dass ein Ereignis „berlinweite Bedeutung“ habe, reiche für ein öffentliches Interesse an einer ausnahmsweise genehmigten Sonntagsöffnung nicht aus. Je weitreichender die Freigabe der Ladenöffnung sei, umso stärker müssten die Sachgründe dafür sein.

Zwar könne ein starker Besucherstrom ein Bedürfnis nach offenen Verkaufsstellen zur Folge haben, im konkreten Fall sei dies aber zu verneinen. Denn die Veranstaltungen seien alle mehrtägig, Besucher könnten also werktags und damit zu 80 Prozent der Veranstaltungszeit einkaufen, führte das Gericht aus. Zudem lasse das Ladenöffnungsgesetz Ausnahmen für Messeverkauf und Touristenbedarf zu.

Berlin hat im Bundesvergleich das liberalste Ladenöffnungsgesetz. Einzelhändler dürfen ihre Geschäfte an bis zu zehn Sonntagen im Jahr öffnen. Acht davon legt der Senat zentral fest, zwei weitere dürfen die Bezirke ausrufen. Für 2018 hatte sich der Senat bisher auf die drei Termine festgelegt, die das Gericht nun kippte. Von Montag bis Samstag gibt es keine Einschränkungen.

Hätte der Gerichtsbeschluss in letzter Instanz Bestand, stünde die Praxis der Festlegung verkaufsoffener Sonntage generell in Frage, denn Anlässe waren zuletzt immer wieder Großveranstaltungen. 2017 gehörten neben Grüner Woche und ITB etwa die Internationale Funkausstellung, das Jazzfest oder das Berliner Theatertreffen dazu.

Der Handelsverband Berlin-Brandenburg wertete die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes als „schlechte Nachricht für Berlin, die Beschäftigten des Einzelhandels und die Besucher der Stadt“. „Sollte das Bestand haben, hat das natürlich negative Auswirkungen“, sagte Hauptgeschäftsführer Nils Busch-Petersen der Deutschen Presse-Agentur. Berlin stehe international im touristischen Wettbewerb mit anderen Metropolen. „Wenn hier weiter gegenreguliert wird, kommen wir in eine missliche Lage. Das kann Arbeitsplätze kosten.“

Die Senatsverwaltung für Arbeit verwies darauf, dass die Berliner Regelung zur Sonntagsöffnung vom Bundesverfassungsgericht im Dezember 2009 als vereinbar mit dem verfassungsrechtlichen Schutz der Sonntagsruhe gebilligt worden sei. (dpa)

29 Dec 2017

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