taz.de -- Kommentar Gabriels Ukraine-Besuch: Sigi in Kiew auf Schmuse-Kurs

Gabriel stellt in Kiew realitätsfremde Forderungen. Vertreter der Zivilgesellschaft traf er nicht. Damit hat er eine wichtige Chance vertan.
Bild: Außenminister Sigmar Gabriel beim Abschied von seinem Amtskollegen Pawel Klimkin

Schön, dass wir wieder mal darüber gesprochen haben. So lautete offensichtlich das Motto für den Besuch des geschäftsführenden SPD-Außenministers Sigmar Gabriel diese Woche in der Ukraine. Aber worüber eigentlich? Dass das Minsker Abkommen umgesetzt werden müsse, um den Krieg im Osten mit inzwischen über 10.000 Toten zu beenden?

Das ist, gelinde gesagt, ein frommer Wunsch. Zwar war der [1][Austausch von Gefangenen] zwischen der Regierung in Kiew und den prorussischen Kämpfern im Dezember ein hoffnungsvolles Zeichen. Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass bis jetzt noch jede vereinbarte Waffenruhe im Donbass gebrochen wurde, die Kampfhandlungen weitergehen und das Sterben nicht aufhört.

Auch Gabriels Forderung nach Blauhelmen mit einem robusten Mandat ist realitätsfremd. Denn im Moment gibt es keine Anzeichen dafür, dass Russland sich darauf einlassen würde, einer UN-Mission zuzustimmen, die Zugang zum gesamten umkämpften Gebiet bekommt. Stattdessen sollen die Truppen nur an der Frontlinie patrouillieren dürfen. Aus Moskauer Sicht ist das logisch: Wer möchte sich schon gerne beim Schleusen von Waffen über die russisch-ukrainische Grenze beobachten lassen?

Doch Diplomatengeplänkel beiseite. Es ist schon bemerkenswert, dass Gabriel es nicht für nötig befand, sich auch mit Vertretern der Zivilgesellschaft zu treffen. Da hätte er einiges erfahren können. Denn die Reformfreudigkeit und Verbundenheit mit demokratischen Werten, die die Kiewer Regierung so gerne zur Schau stellt, ist häufig nicht viel mehr als eine schöne Fassade.

Wie sonst wäre der rüde Umgang mit kritischen Medien zu erklären, von der Blockade bestimmter Internetseiten bis hin zu tätlichen Übergriffen auf Journalisten oder deren Inhaftierung. Ein Signal der Unterstützung und Solidarität aus Berlin, das die ukrainische Zivilgesellschaft so dringend bräuchte, ist ausgeblieben. Damit hat Gabriel leider eine wichtige Chance vertan.

4 Jan 2018

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Barbara Oertel

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