taz.de -- Theorie von Dessauer Staatsanwalt: War Jallohs Tod eine Vertuschungstat?
Töteten Dessauer Polizisten Oury Jalloh um zu verhindern, dass zu weiteren Todesfällen ermittelt wird? Das vermutet der einstige Chefermittler.
Berlin afp | Im Fall des 2005 in einer Dessauer Polizeizelle durch ein Feuer umgekommenen Asylbewerbers Oury Jalloh geht laut einem Medienbericht der Dessauer Leitende Oberstaatsanwalt Folker Bittmann von einer Vertuschungstat durch Polizisten aus. Wie [1][die Mitteldeutsche Zeitung berichtet], verwirft Bittmann in einem Vermerk vom April 2017 nicht nur die These eines Unfalltods Jallohs. Vielmehr beschreibe er konkret ein Szenario, wonach Beamte den Häftling angezündet haben könnten.
Das Motiv könnte demnach gewesen sein, dass dem Asylbewerber zuvor zugefügte Verletzungen vertuscht werden sollten. Auch hätten Ermittlungen zu früheren Todesfällen im Umfeld der Dessauer Polizei verhindert werden sollen. Bittmann stützt sich demnach auf Gutachter und die Ergebnisse eines 2016 unternommenen Brandversuchs, wonach der gefesselte Jalloh mit einer kleinen Menge Brandbeschleuniger übergossen [2][und angezündet worden sei].
Nachdem Bittmann Zweifel an der Unfallthese geäußert hatte, hatte die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg in Sachsen-Anhalt das Verfahren im vergangenen Jahr der Dessauer Staatsanwaltschaft entzogen und den Fall Jalloh an die Staatsanwaltschaft Halle übertragen. Diese stellte das Ermittlungsverfahren im Oktober ein.
Halles leitende Oberstaatsanwältin Heike Geyer begründete dies damit, dass das Verfahren „keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Beteiligung Dritter an der Brandlegung ergeben“ habe. An der Unfallthese gibt es aber weiterhin massive Zweifel.
7 Dec 2017
LINKS
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Ein forensisches Gutachten belegt: Der 2005 in einer Dessauer Polizeizelle verbrannte Oury Jalloh wurde vor seinem Tod misshandelt.
Im Dessauer Polizeigewahrsam starben drei Menschen. In einem Fall sind alle Akten verschwunden – eventuell im Zusammenhang zum Fall Jalloh.
Seit 13 Jahren verhindern Korpsgeist und Desinteresse, dass der Tod des Sierra Leoners aufgeklärt wird. Viele wollen das nicht mehr hinnehmen.
Im Fall des in Polizeihaft verstorbenen Sierra Leoners will ein Mann eine Aussage machen. Er kommt nicht dazu und erhält einen Verweis.
Die Anordnung von oben, im Fall Oury Jalloh weiter zu ermitteln, war lange überfällig. Nun hat das Aussitzen endlich ein Ende.
Der Fall Oury Jalloh wird neu aufgerollt: Nun soll eine dritte Staatsanwaltschaft prüfen, warum der Flüchtling in einer Polizeizelle verbrannte.
Rund um den Fall Oury Jalloh hat so ziemlich jeder geschwiegen. Ein Skandal, der Behörden und ihre Kontrollinstanzen betrifft.
Laut TV-Bericht ist der Asylbewerber ermordet worden. Mit öffentlichem Druck soll nun die Einstellung des Verfahrens gestoppt werden, sagt die Aktivistin Nadine Saeed.
Experten gehen davon aus, dass Oury Jalloh nicht ohne Fremdeinwirkung in einer Polizeizelle sterben konnte. Das geht aus einem ARD-Bericht hervor.