taz.de -- Die Wahrheit: Sein Wunschzettel
Donnerstag ist Gedichtetag: Diesmal darf sich die Leserschaft an einem Poem über größenwahnsinnige Geschenke erfreuen.
Lieber guter Weihnachtsmann,
schlepp mir ja kein Mistzeug an!
Lass die Sachen in dem Sack
und nimm wieder huckepack
all den Plunder, den Ballast,
den du in dem Beutel hast:
Spielzeug, Obst und Marzipan
sind für Kinder wohlgetan,
doch ich bin dafür zu alt;
Materielles lässt mich kalt.
Schlipse, Socken, seid’nes Tuch,
Hemden, Hüte, Platte, Buch,
Schnaps, Manschettenknöpfe, Wein –
all das lass mal bitte sein.
Unter meinem Tannenbaum
ist geschenkefreier Raum!
Brauch nicht Geld, will auch kein Haus,
mach mir nämlich wenig d’raus;
brauch kein Auto, auch kein Gold,
all das: durchaus ungewollt.
Reitpferd, Flugzeug, Segelboot,
daran hat’s nicht wirklich Not.
Also, guter Weihnachtsmann,
komm mir nicht mit derlei an!
Nein! Ich will nicht viel, im Grunde nix,
das hier aber bring mir fix:
Schönheit, Klugheit, Macht und Ehr,
Ruhm, Gesundheit, bitte sehr,
ew’ges Leben, Weltherrschaft,
wundertät’ge Schöpferkraft
und als Krönung außerdem
Vormund Gottes, bitte schön,
plus ein herrlich liebes Weib,
wohl und witzig, prall an Leib –
ganztags dann noch Sonnenschein!
Mehr muss nicht sein.
Lieber guter Weihnachtsmann,
die Geschenke schaff mir ran!
All das and’re, all den Rest
bring mir zum Geburtstagsfest!
7 Dec 2017
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Diesmal in der Sprachkritik: Irreführungen durch hinweisende und andere Fürwörter sind keine Seltenheit.
Das Wahrheit-Interview: Ein Gespräch mit Linus Schwerdtfeger, Gründer des Vereins „Schluss mit lustig“, über Satire und Humor.
Sprachkritik der Wahrheit: Wer die Reihenfolge Subjekt, Prädikat, Objekt im Satz nicht will, kann vergurken schon einmal etwas.
Spannender Fall, irre Verdächtige, tolle Auflösung – den neuen „Tatort“ gibt es ausnahmsweise jetzt schon hier exklusiv in der Vorschau.
Schurken, die die Welt beherrschen wollen. Diesmal: Matthias „Hannomann“ Wissmann – Vorsitzender des Verbands der Automobilindustrie.
Sprachkritik: Fehler passieren nicht nur als Ausdruck des Unbewussten, manche beruhen schlicht auf Schusseligkeit oder Unkenntnis.