taz.de -- Die Wahrheit: Das Schild
Donnerstag ist Gedichtetag auf der Wahrheit: Diesmal darf sich die Leserschaft an einem Poem über ein im Wind wankendes Zeichen erfreuen.
Bin aufgewacht nach flachem Schlaf.
Es war, ich glaube, kurz vor vier.
Da unten stand es, schlicht und brav,
und hat sich nicht vom Fleck gerührt.
Ein Schild. Es sagt uns klar und scharf,
es weist so redlich darauf hin,
dass hier kein Fahrzeug parken darf,
weil Platz gebraucht wird. Das hat Sinn.
Droht Strafe an und Kostenpflicht.
Zu Recht! Der Möbelwagen muss
ans Haus rangieren, möglichst dicht.
Der Packer schleppt den Kram zu Fuß.
Nur leider war der Umzug schon
vor Wochen. Es ist lange her.
Das Schild als Stehplatz-Schutzpatron
beeindruckt keinen Parker mehr.
Leicht zitternd wankt es ohne Halt.
Der Wind bedrängt es fürchterlich.
Du Waisenkind vom Schilderwald,
wer kümmert sich denn nun um dich?
Umweht in trostlos kalter Nacht.
Und wär es mir nicht viel zu schwer,
ich hätt es sicher hochgebracht,
dann friert das Schild nicht gar so sehr.
16 Nov 2017
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