taz.de -- Antrittsvisite des Bundespräsidenten: Zu Besuch in der eigenen Stadt

Frank-Walter Steinmeier lebt seit langem in der Hauptstadt, nennt Zehlendorf seine Heimat, stellte sich aber jetzt offiziell im Land Berlin vor – und steuerte dabei eine U-Bahn.
Bild: Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender auf Antrittstour in der eigenen Stadt

Wenn man irgendwo neu ist, dann stellt man sich vor, frau natürlich auch. Ergibt ja Sinn, den neuen Nachbarn sein Gesicht mal zu zeigen. Das machen auch Botschafter so, die in ein neues Land kommen. Frank-Walter Steinmeier kennt das zu Genüge, der SPD-Mann war ja lange genug Außenminister und damit Anlaufstelle für die Neuen. Darum ist es an diesem Donnerstag ein bisschen skurril, dass Steinmeier jetzt selbst einen Antrittsbesuch in der Stadt macht, in der er seit über eineinhalb Jahrzehnten lebt. Geht aber nicht anders, so sieht es eben das Protokoll für einen neuen Bundespräsidenten vor – auch wenn Steinmeier seit Amtsantritt Mitte März schon fast 20 Auslandsreisen hinter sich hat.

Damit das nicht ganz so dröge wird für ihn, hat man sich an diesem Vormittag etwas Besonderes ausgedacht: Steinmeier soll eine U-Bahn steuern, und das klappt auch. „Haben alle überlebt“, sagt er nach der Fahrt von Friedrichsfelde zum Alexanderplatz. Er, der vier Jahre im Bundestag SPD-Fraktionschef war, kommt an diesem Tag auch in das zweite Parlament der Stadt, das Abgeordnetenhaus, dass manchen Bundespolitikern gar kein Begriff ist. Volksnah tritt er dort auf, isst in der für Besucher offenen Parlamentskantine – Königsberger Klopse, vorweg Soljanka.

Ansonsten aber ist das schon eine komische Situation. Denn Steinmeier gehörte zwar zur Hannover-Connection von Exkanzler Schröder, zog aber nach rot-grüner Regierungsübernahme 1998 anders als sein Boss schnell komplett nach Berlin um. „Zehlendorf ist unsere Heimat geworden“, erzählte er vor einigen Jahren dem Tagesspiegel und schwärmte vom sonntäglichen Brötchenholen am Teltower Damm, der Nord-Süd-Achse des Stadtteils. Zehlendorf habe ein anderes Tempo als die Stadt, „es ist die Insel der Ruhe, die ich brauche“.

Steinmeier wohnt in einer wie versteckt liegenden Nebenstraße, mit Sicherheitskräften draußen auf dem Bürgersteig. Das soll sich aber ändern: Laut Bundespräsidialamt ziehen die Steinmeiers demnächst in den offiziellen Wohnsitz eines Bundespräsidenten um. Die Gaucks als Vorgänger seien zwar schon im Sommer raus, aber noch würden dort diverse Arbeiten laufen. Im von ihm so gepriesenen Zehlendorf, zumindest im Bezirk, kann Steinmeier dennoch bleiben: Wohnort der Präsidenten ist nämlich nicht Schloss Bellevue in Tiergarten, das allein als Amtssitz dient, sondern eine Villa in der Pücklerstraße in Dahlem, nicht weit vom Brücke-Museum.

12 Oct 2017

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Stefan Alberti

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