taz.de -- Kommentar Unruhen am Tempelberg: Die Hetze des Großmuftis

Mit den Protesten gegen Metalldetektoren am Zugang zum Tempelberg handelt Jerusalems muslimische Führung völlig verantwortungslos.
Bild: Beten aus Protest

Metalldetektoren gehören zum Alltag in Israel. Der Griff in die Tasche, um Kleingeld, Schlüssel und das Handy abzulegen, durch das Kontrolltor zu gehen, um anschließend alles wieder einzustecken, ist nicht nur am Flughafen längst Automatismus, sondern auch in Behörden, vielen Einkaufszentren und an den Zugängen zur Klagemauer in Jerusalems Altstadt, dem heiligsten jüdischen Pilgerort. Der Schutz der eigenen Sicherheit ist das Ziel, deshalb macht jeder mit. Fast jeder.

Am Tempelberg in Jerusalems Altstadt gibt es wieder Unruhen, lautstarke Proteste, kreischende Frauen, Rangeleien und Verhaftungen. Grund dafür ist nicht, dass am Freitag auf dem heiligen muslimischen Plateau [1][fünf Menschen starben] – fünf Araber. Die palästinensischen Muslime demonstrieren, weil Israels Polizei nach dem Anschlag Metalldetektoren aufstellte. Egal, was die israelische Regierung entscheidet, die Palästinenser müssen immer erst einmal protestieren.

Jeder soll das Recht haben, anderer Meinung zu sein, nur ist eine Demonstration nicht gleich eine Demonstration. Wenn es um den Tempelberg geht, ist die Aufregung schnell groß. Auch Mohammed Hussein, Großmufti von Jerusalem, kennt das Potential des heiligen Geländes, Konfliktsituationen eskalieren zu lassen. Sein wütender Aufruf, den Tempelberg sofort und ohne die Metalldetektoren für die Gläubigen zu öffnen, ist unverantwortlich, gefährlich und hetzerisch. Die drei Attentäter vom letzten Freitag hatten Schusswaffen bei sich. Israels Aufgabe ist es, weitere Schießereien zu verhindern, damit sich muslimische Gläubige sicher fühlen können, wenn sie zum Gebet in die Al-Aksa-Moschee gehen. Nichts anderes sollen die Metalldetektoren gewährleisten.

Schon die Straßenreiniger der Stadtverwaltung dienen dem Mufti als Indiz dafür, dass Israel den Status quo auf dem Tempelberg verändern will, wenn sie mit ihren Besen, Greifzangen und Mülltonnen auf das Areal rings um den Felsendom ziehen. Der muslimische Prediger müsste es besser wissen, denn das Gegenteil ist der Fall. Israels Regierung hält auch nach dem Attentat eisern an der geltenden Regel, die Muslimen Gebetsrechte, Juden aber nur Besuchsrechte einräumt, fest – wohl wissend, dass alles andere katastrophale Konsequenzen haben könnte.

17 Jul 2017

LINKS

[1] /Tempelberg-in-Jerusalem/!5431021

AUTOREN

Susanne Knaul

TAGS

Israel
Tempelberg
Ost-Jerusalem
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Jerusalem
Israel
Islam
Israel
Israel

ARTIKEL ZUM THEMA

Politologe aus Palästina über Tempelberg: „Israel verschärft die Situation“

Zakaria Odeh betont die symbolische Bedeutung des Tempelbergs. Und erklärt, warum die Saudis und Ägypter in der aktuellen Krise so zurückhaltend sind.

Eskalation in Israel: Anschlag im Westjordanland

Bei Protesten sterben drei Palästinenser, später kommt es zu einem verheerenden Übergriff im Westjordanland. Abbas friert die Beziehungen zu Israel ein.

Zusammenstöße am Tempelberg: Palästinenser in Jerusalem erschossen

Nach dem Tod zweier israelischer Polizisten nehmen die Spannungen weiter zu. Am Freitag wurden bis zu 200 Menschen verletzt.

Nach Anschlag am Tempelberg: Kein Zutritt für Männer unter 50

Die Polizei in Israel untersagt jungen muslimischen Männern den Zutritt zur Altstadt in Jerusalem. Vor einer Woche waren dort zwei Polizisten erschossen worden.

Debatte Islam in Deutschland: Hass und leiser Zuspruch

Eine neue Gemeinde in Berlin zeigt, wie ein progressiver Islam aussehen könnte. Einer, der die Tabus der muslimischen Welt offensiv angeht.

Nach dem Anschlag in Jerusalem: Die Sicherheitslage ist prekär

Der Tempelberg ist wieder zugänglich, die Kontrollen wurden verschärft. Das Attentat könnte Auslöser einer neuen Gewaltwelle sein.

Tempelberg in Jerusalem: Mehrere Tote bei Anschlag

In Ost-Jerusalem haben drei Angreifer zwei Polizisten erschossen, bevor sie selbst getötet wurden. Der Tempelberg wurde abgeriegelt.