taz.de -- Proteste gegen G 20: Camp nicht vollständig verboten
Das Bundesverfassungsgericht kassiert das Verbot des Protestcamps. Zelte zur Übernachtung müssen von der Stadt Hamburg jedoch nicht geduldet werden.
Karlsruhe afp | Das zum G-20-Gipfel in Hamburg geplante Protestcamp darf nicht vollständig verboten werden. Nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom Mittwochabend erzielten die Gegner des Camps zwar einen Teilerfolg, denn die Stadt muss Zelte, die allein der Übernachtung dienen, nicht dulden. Andere Teile des Camps seien aber vorerst wie eine normale Demonstration nach den Regeln des Versammlungsrechts geschützt (Az.: 1 BvR 1387/17).
Als Konsequenz muss das Hamburgische Oberverwaltungsgericht (OVG) neu über das Verbot entscheiden. Die Gegner des G-20-Gipfels wollten vom 30. Juni bis 9. Juli im Hamburger Stadtpark ein Protestcamp mit rund 3000 Schlafzelten für etwa zehntausend Teilnehmer errichten. In dem Camp sollten auch Veranstaltungen stattfinden.
Die Stadt hatte das Camp verboten, das Oberverwaltungsgericht Hamburg hatte dies am 23. Juni bestätigt. In den Hamburger Grünanlagen sei das Zelten verboten. Auf die verfassungsrechtlich geschützte Meinungsfreiheit könnten sich die Protestcamper hier nicht berufen. Denn nach dem Konzept der Veranstalter habe das Protestcamp überwiegend nicht auf die Meinungskundgabe gerichtete Elemente. So sei insbesondere das mit einer erheblichen Infrastruktur verbundene Übernachten auf dem Gelände keine Meinungskundgabe.
Hiergegen legten die G-20-Gegner Verfassungsbeschwerde ein. Zunächst hatte nun ihr Eilantrag Erfolg. Eine inhaltliche Entscheidung ist damit noch nicht verbunden, betonte das Bundesverfassungsgericht. Auch seien Beschränkungen oder gar ein Verbot des Camps nicht ausgeschlossen.
Die Verfassungsbeschwerde sei allerdings nicht von vornherein offensichtlich unbegründet, erklärten die Karlsruher Richter zur Begründung. Das Camp könne jedenfalls in Teilen verfassungsrechtlich als Versammlung geschützt sein.
Anderer Ort möglich
Bis zu dem Gipfel am 7. und 8. Juli sei eine abschließende verfassungsrechtliche Prüfung allerdings nicht mehr möglich. Stelle sich dann nachträglich heraus, dass das Camp zumindest teilweise zulässig war, würde das „Versammlungsrecht bei einem besonders herausragenden politischen Großereignis nachhaltig entwertet“. Dem stehe bei einem Erfolg der Stadt ein „nachhaltiger Schaden“ der Parkanlagen gegenüber.
Bei einer Abwägung müssten solche Schäden zwar möglichst verhindert, dabei das Camp aber „möglichst weitgehend ermöglicht“ werden. Gegebenenfalls könne die Stadt den Protestcampern auch einen anderen Ort zuweisen und die Größe des Camps entsprechend beschränken. Insbesondere müsse die Stadt keine Zelte dulden, die allein der Übernachtung dienen.
Nicht zu entscheiden hatte das Bundesverfassungsgericht, ob das Protestcamp auch aus Sicherheitsgründen weiter beschränkt oder gegebenenfalls sogar ganz verboten werden kann.
29 Jun 2017
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Sie sind nicht einig, müssen es aber hinkriegen. Was erwarten Australien, Kanada und die USA vom Gipfel?
Der Staatsschutz durchsucht die Wohnung von zwei Aktivisten. Sie sollen im taz-Interview einen Brandanschlag auf die Messehallen gebilligt haben.
Das Bundesverfassungsgericht erkennt Protestcamps als Demonstration an. Die Behörden haben aber viel Entscheidungsraum für Auflagen.
Die Camps gab es schon früher und eigentlich ist die Rechtslage klar: Die Demonstranten können Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt selbst bestimmen.
Der Protest in Hamburg formiert sich: Ein Bündnis von 75 Organisationen ruft kurz vor dem G-20-Treffen zum Gegengipfel auf.
Nächste Runde im Camp-Streit: Die Übernachtung im Stadtpark sei keine schützenswerte Meinungsäußerung, also auch keine Dauerkundgebung.
Ein Verwaltungsgericht hat gegen das allgemeine Demonstrationsverbot entschieden: Die Gipfelgegner dürfen im Stadtpark zelten.