taz.de -- Kommentar Mobilität in der Großstadt: Das Fahrrad ist die Zukunft

Autos privatisieren den knappen öffentlichen Raum. Eines der wenigen zukunftsfähigen Verkehrsmittel ist ganz einfach: das Fahrrad.
Bild: Umsteigen, bitte!

Der Platz in den Metropolen wird knapp. Auf den Straßen drängeln sich Autofahrer, Lieferwagen, Busse, Radler mit und ohne Elektroantrieb und immer mehr Scooter, bei Wohnungsbesichtigungen quetschen sich Menschenmassen durch enge Treppenhäuser, um drinnen einem Makler vorzuschwärmen, wie wunderbar die 1-Zimmer-Küche-fensterloses-Bad-Wohnung doch sei. Was beide Probleme miteinander gemein haben? Einen Teil der Lösung. Denn wo zu wenig Platz ist oder die Absicht fehlt, in den Himmel zu stapeln, muss etwas weg.

Was Städte angeht, gibt es dafür einen klaren Kandidaten. Private Pkws privatisieren öffentlichen Raum, und das in einem Maße, das heute einfach nicht mehr zeitgemäß ist. Für einen lächerlichen Jahresbeitrag oder sogar kostenlos dürfen Anwohner ihr Auto in der Nähe ihrer Wohnung abstellen, und wenn sie es doch bewegen, sitzen im Schnitt 1,5 Personen darin. Da ist es auch egal, ob Autos 23 Stunden am Tag herumstehen oder 19. Sie nehmen dabei viel zu viel Raum ein.

Raum, den die moderne Stadt, die immer mehr neue Bewohner anzieht, dringend braucht. Für effizientere und ökologischere Möglichkeiten zum Transport, für Wohnungen, Spielplätze, Parks, für Orte, an denen man sich treffen kann, ohne gleich einen halben Stundenlohn für einen Kaffee zahlen zu müssen. Für freie Räume.

Wie kann es sein, dass es in Städten, in denen die Kaltmieten auf über 10, 12 Euro pro Quadratmeter steigen, überirdische Parkhäuser oder -plätze gibt? Wie kann es sein, dass einem Abstellplatz für Fahrzeuge ein besserer Ort zugestanden wird als manchen Menschen zum Wohnen? Dass standardmäßig den meisten Platz bekommt, wer sich mit dem größtmöglichen Blechvolumen umgibt?

Für alle, die Lärm, Abgase und Feinstaub vermissen würden: Motorisierten Verkehr wird es ohne Privatautos noch genug geben – Krankenwagen und Polizei, Busse und Müllabfuhr, Lieferverkehr und vielleicht selbstfahrende modulare Fahrzeuge als Teil des öffentlichen Nahverkehrs. Die alle in überschaubarer Zukunft auf einen umweltverträglichen Antrieb umzustellen, inklusive der erforderlichen Infrastruktur, wird schon Arbeit genug werden.

Na, fällt etwas auf? Das Fahrrad ist eines der wenigen zukunftsfähigen Verkehrsmittel. Genau so, wie es ist.

12 Jun 2017

AUTOREN

Svenja Bergt

TAGS

Fahrrad
Mobilität
Auto
Mieten
Boris Johnson
Fahrrad
Fahrrad
Fahrrad
Fahrrad

ARTIKEL ZUM THEMA

Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Das Fahrrad als Kampfsymbol der Grünen, Boris Johnsons vergiftete Treueschwüre und die Bismarck-Rechtsüberholer von der SPD.

Die Zukunft des Fahrrads: Macht Platz für das Auto von morgen!

Ökologisch, sozial, individuell – das Fahrrad ist dem Auto in vielen Punkten überlegen. Aber manche Probleme hat es auch mit ihm gemein.

200 Jahre Fahrrad: Als Hamburg einst Fahrradstadt war

Hamburg soll zur Fahrradstadt werden, so das erklärte Ziel des Senats. Als Vorbilder dienen Kopenhagen und Amsterdam – das war mal genau anders herum.

Senat baut mehr Velorouten: Radstreifen in der Kritik

Obwohl manche Radler die markierten Fahrspuren fürchten, baut der Senat weiter. Ängste widersprächen der Statistik, sagt Grünen-Fraktionschef Tjarks

Hamburg bleibt fahrrad-unfreundlich: Velorouten gescheitert

Auch im jüngsten Fahrradklimatest des ADFC schneidet Hamburg schlecht ab. Besonders die neuen Radstreifen auf der Fahrbahn sind unsicher, weil zu schmal