taz.de -- Analyse Trumps Geheimnisverrat: Chaostage in Washington

Die Debatte um Trumps Verrat geheimer Informationen zeigt auch: Der Präsident und seine Partei driften immer weiter auseinander.
Bild: Donald Trump verstört einmal mehr auch seine Partei, die Republikaner

Berlin taz | Ratlosigkeit und Besorgnis macht sich bei den US-Republikanern breit angesichts der täglich neuen Berichte über die Impulsivität, Leichtfertigkeit und Unkenntnis ihres Präsidenten. „Sehr besorgniserregend“ findet der republikanische Senator Bob Corker die [1][Berichte über die Preisgabe sensibler Geheimdiensterkenntnisse] durch Donald Trump bei einem Treffen mit Russlands Außenminister Sergej Lawrow.

Das Weiße Haus befinde sich „offensichtlich in einer Abwärtsspirale“ und müsse die Ereignisse endlich in den Griff bekommen, fordert Corker, der dem einflussreichen Außenpolitischen Ausschuss des Senats vorsteht. Er diagnostiziert einen Mangel an Disziplin als Ursache für das „Chaos“ im Weißen Haus. Seine republikanische Senatskollegin Susan Collins klingt fast flehend, wenn sie Reportern sagt: „Alles, was ich will, ist einmal einen Tag ohne Krise.“

Die Kommentatoren hatten der Partei solche Krisen schon prophezeit, als sich Trump im Sommer vergangenen Jahres als der unvermeidbare republikanische Präsidentschaftskandidat herausschälte: Zu weit auseinander lagen die traditionelle republikanische Agenda und Trumps Absichten, dem Washingtoner Establishment mit der Abrissbirne zu Leibe zu rücken.

Inzwischen legt Trump aus Unkenntnis internationaler Kooperationen die Axt auch an die Sicherheit von Verbündeten. Ein Staat im Nahen Osten verfügt über geheime Quellen nahe an der Führung des „Islamischen Staates“ und teilt seine Erkenntnisse über Anschlagspläne gegen Flugzeuge mit den USA. Ausdrücklich ausgeschlossen war in dieser geheimdienstlichen Kooperation die Weitergabe an Dritte – auch um die Quellen und Methoden des befreundeten Geheimdienstes nicht zu gefährden.

Trump ließ am Dienstag [2][über Twitter] verlauten, er halte es für rechtens, Informationen mit Russland zu teilen. Er habe „absolut das Recht“ zu einem solchen Vorgehen, erklärte er.

Der US-Präsident prahlte ausgerechnet gegenüber dem russischen Außenminister mit Details der Erkenntnisse über Terrorpläne gegen Flugzeuge. Natürlich fragt man sich in den Hauptstädten des Nahen Ostens nun: Wer braucht Feinde, wenn er solche Verbündete hat?

16 May 2017

LINKS

[1] /Trumps-Umgang-mit-Staatsgeheimnissen/!5410234/
[2] https://twitter.com/realDonaldTrump/status/864436162567471104

AUTOREN

Stefan Schaaf

TAGS

Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Russland
Republikaner
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Donald Trump
Schwerpunkt USA unter Donald Trump
Donald Trump
US-Justizministerium

ARTIKEL ZUM THEMA

Schüsse nahe Washington: Kongressabgeordneter verletzt

Das politische Klima in den USA ist gereizt, da fallen nahe Washington Schüsse, ein führender Republikaner wird verletzt. Aus politischen Motiven?

Russland-Affäre der US-Regierung: Trump forderte Ende der Ermittlungen

Seit Monaten untersucht das FBI die Russlandkontakte eines ehemaligen Trump-Beraters. Berichten zufolge versuchte der US-Präsident, die Ermittlungen zu beenden.

Russland reagiert auf Vorwürfe: Traumteam mit Einschränkungen

Offiziell äußert sich die russische Regierung nicht zu den angeblichen Infos Trumps an Lawrow. Die Kritik an US-Medien fällt aber scharf aus.

Trumps Umgang mit Staatsgeheimnissen: Angeblich Infos mit Russland geteilt

Der US-Präsident hat pikante Informationen zum IS an russische Vertreter weitergegeben. Das berichtet die „Washington Post“. Trump-Mitarbeiter dementieren.

Nach James Comeys Entlassung: Trump will schnell neuen FBI-Chef

Die ersten Kandidaten stellen sich vor. Der Präsident kündigt rasche Nominierung an. Die Liste der möglichen Nachfolger wächst.