taz.de -- Investor des Carre Sama-Riga in Berlin: „Lassen Sie uns doch erst mal bauen“

Die CG-Gruppe will das umstrittene Projekt in Friedrichshain bauen. Vorstandsmitglied Jürgen Kutz über sein Geschäftsmodell und eine große Enttäuschung.
Bild: Demo vor dem Carre Sama Riga

taz: Herr Kutz, am Samstag findet eine Demonstration „gegen die Reichen und Mächtigen“ statt, die sich ausdrücklich auch gegen Sie richtet. Sie sind zur Zielscheibe geworden.

Jürgen Kutz: Warum ist das denn bloß so? Wir haben niemanden vertrieben. Wir haben dem Markt keine Bausubstanz entzogen. Wir produzieren Wohnraum.

Sie kennen sicher auch das Argument, dass solch teurer Wohnraum die Umgebungsmieten erhöht.

Das gilt doch aber nur für die Sanierung von Altbauten. Das hier ist Neubau und der ist auch nicht teurer als andere Neubauprojekte. Wir sind nun mal keine subventionierte Wohnungsbaugenossenschaft. Wir müssen auch unsere 330 Mitarbeiter bezahlen.

Sie wollen auch noch etwas dran verdienen, nicht wahr? Das ist ja Ihr Geschäftsmodell.

Das ist doch das Geschäftsmodell der Welt. Ich weiß gar nicht, warum das immer angeprangert wird.

Ich prangere nicht an, ich stelle nur heraus.

Diese Sprüche, die da immer kommen: Keine Profite mit der Miete. Das ist doch viel zu kurz gegriffen. Das ist ein 35-Millionen-Euro-Projekt. Da braucht es einen Initiator, der das Risiko trägt, das Ganze in Gang bringt. Da entstehen doch Kosten, die refinanziert werden müssen.

Auf Ihrer Webseite haben Sie mit einem Luxusprojekt geworben.

Das war eine unglückliche Übersetzung. Wir machen qualitativ hochwertige, keine Luxusprojekte.

13 Euro kalt pro Quadratmeter: Können Sie sich nicht vorstellen, dass Leute sich sozialverträglichere Mieten wünschen?

Doch. Wir sind aber kein gefördertes soziales Wohnungsbauunternehmen. Dann hätte die Kommune das Grundstück kaufen und bebauen müssen. Das hat sie aber hier nicht getan. Dafür kann man uns nicht zum Sündenbock machen.

Was war vor fünf Jahren die Motivation, ausgerechnet dieses Grundstück zu kaufen?

Das Grundstück drängte sich auf. Zum einen, weil es in seiner Bausubstanz nicht mehr lange nutzbar gewesen wäre. Da gab es Schadstoffe, gesundheitsschädlich verseuchte und statisch schwierige Bauteile. Zum zweiten befindet sich das Areal im Umfeld Altberliner Wohnbebauung. Auch eine Wohnbebauung drängte sich also auf und war vom Bezirk so gewollt.

Welche Vorstellung hatten Sie damals von der Rigaer Straße?

Damals war die Straße noch nicht so im Fokus wie jetzt.

Nun ja, 2011 gab es die Räumung in der Liebigstraße Ecke Rigaer. Über 2.000 Polizisten waren damals im Einsatz.

Das stimmt. Aber es ist eben ein Unterschied, ob man bestehende und genutzte Gebäude saniert. Aber das machen wir ja gar nicht. Wir sind darauf spezialisiert, Gewerbestandorte selbst zu bebauen, die bisher nicht wohnwirtschaftlich genutzt werden. Das unterscheidet uns auch von anderen: Wir gehen mit alter Fabriksubstanz um, machen sie fürs Wohnen nutzbar.

In der Rigaer Straße 71 bis 73 haben Sie historische Bausubstanz, die unter Denkmalschutz stand, abgerissen.

Die Straßenbebauung haben wir abgerissen, weil sie einsturzgefährdet und zum Teil verseucht war. Deshalb haben wir auch eine Genehmigung von der Landesdenkmalbehörde bekommen. Die alte Fabrik im Hof erhalten wir, obwohl sie wirtschaftlich nicht der Renner ist.

Sie haben gesagt, vor fünf Jahren drängte sich das Gelände auf. Wie geht es Ihnen inzwischen damit?

Ich bin enttäuscht.

Warum?

Weil wir freiwillig gesagt haben, wir machen das so, wie der Bezirk das will und beteiligen die Nachbarn. Das Objekt sähe sonst ganz anders aus. Es gäbe diese Öffnung zur Straße hin nicht, den Kultur- und Gewerbehof. Trotzdem wird nun der Eindruck vermittelt, wir machten da etwas, was gar nicht gewollt war. Das ärgert mich wirklich. Auf Wunsch des Bezirks haben wir die Mischung zwischen Gewerbe und Wohnen auch für die Zukunft mithilfe eines langwierigen und teuren Bebauungsplanverfahrens gesichert. Das muss man bei so einem kleinen Grundstück in der Innenstadt üblicherweise überhaupt nicht machen. Wir sind schließlich der Eigentümer.

Moment. Das war doch Gewerbegebiet. Sie brauchten schon die Genehmigung des Bezirks für die Umnutzung als Wohngebiet.

Auch so ein Irrtum. Das Gelände war eben nicht als reiner Gewerbestandort ausgewiesen. Das ist ein Wohnstandort. Das können Sie nachprüfen.

Das mache ich*. Der Bezirk will die Baugenehmigung dennoch nicht erteilen, weil das Bebauungsplanverfahren noch nicht abgeschlossen ist und so eine weitere Beteiligung aller Interessengruppen nicht gewährleistet ist (siehe dazu auch Seite 21).

Wir haben die Baugenehmigung bereits beantragt, um Zeit zu gewinnen. Es muss doch klar sein, dass jede weitere Verzögerung Geld kostet. Das Bebauungs-planverfahren wird aber unter Beteiligung der zuständigen Ämter des Bezirks vereinbarungsgemäß zu Ende geführt.

Sie sind nicht der Einzige, der enttäuscht ist. Die Leute vom Verein für alternative Stadtraumnutzung, die früher das Antje Øeklesund auf dem Gelände betrieben haben, sehen ihre Vorstellungen trotz entsprechender Zusagen nicht berücksichtigt.

Da ist manchmal so eine Fehlwahrnehmung da. Viele Ideen scheitern nicht an uns, sondern daran, dass sie nicht genehmigungsfähig sind. Wir haben im Blick, was möglich ist. Und ein Aussichtsturm oder Brücken von Dach zu Dach – das ist einfach nicht genehmigungsfähig.

Wie geht es jetzt weiter? Ist die Idee des Gemeinsamen gescheitert?

Lassen Sie uns doch erst mal bauen. Ich rechne täglich mit der Baugenehmigung und dann brauchen wir zwei Jahre. Dann wird es den öffentlich zugänglichen Kultur- und Gewerbehof zu günstigen Mieten für die bisherigen Mieter geben und einen Veranstaltungsraum, der den behördlichen Vorstellungen entspricht. Die Mieter können dann etwas daraus machen. Ob sie da temporäre Installationen machen oder Skulpturen aufstellen, ist dann deren Sache. Solange es im Rahmen der Gesetze ist.

21 Apr 2017

AUTOREN

Manuela Heim

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