taz.de -- Gastkolumne Frankreichwahl: Eine Marine macht keinen Sommer

Die Frauen sind insgesamt die großen Verliererinnen dieser Präsidentschaftswahl. Das liegt an den Männerzirkeln – und an einer Frau.
Bild: Rechts und rechter: Francois Fillon und Marine Le Pen

Marine Le Pen hat im Wahlkampf behauptet, die Kandidatin der Frauen zu sein. Was für ein Witz! Sie ist natürlich die einzige Frau unter den Präsidentschaftsanwärtern, aber sie ist weit davon entfernt, die Sache des Feminismus voranzubringen. Schlimmer noch, ein Sieg wäre ein großer Rückschritt für die Stellung der Frau in der französischen Gesellschaft.

Der Kampf für Frauenrechte ist bei Le Pen kein eigenes Thema, sondern direkt mit den Kampf gegen den Islamismus gekoppelt. Sie sieht ihn als die Hauptbedrohung der Freiheit der Frauen. Am Rande abgehandelt werden noch: die Notwendigkeit der Lohngleichheit und die Prekarisierung von Hausfrauen. Das ist alles, was man in den 144 Punkten des Wahlprogramms findet – ziemlich wenig.

Ja, Marine Le Pen hat das Kunststück vollbracht, als Frau bei der Präsidentschaftswahl anzutreten, aber sie hat das nicht allein geschafft. Sie hat von der Durchschlagskraft eines ganzen Clans profitiert, dem ihr Vater Jean-Marie als gewissenloser Patriarch vorstand. Man kann in ihrem Umfeld noch so lange suchen, es finden sich bis auf ihre Nichte Marion Maréchal-Le Pen nur Männer.

Sie ist ein weiteres wichtiges Rädchen im Getriebe des Clans und tritt offen gegen die Gleichstellung der Homo-Ehe und das Recht auf Abtreibung ein. Nein, für die Sache der Frau ist Marine Le Pen ein falscher Fuffziger, eine veritable Falle. „Schaut her, das ist, was passiert, wenn eine Frau eine Partei führt!“ Das ist eigentlich ein plumper Witz. Im Fall von Marine Le Pen muss frau sich mit einer Reaktion auf die Zunge beißen.

Die Frauen sind insgesamt die großen Verliererinnen dieser Wahl. Das war der schockierende Anblick, der sich bei der ersten Vorwahldebatte der Rechten bot: sieben Männer in Anzug und Krawatte, in ihrer Mitte eine einzige Frau. Im Vorwahlkampf der Linken das gleiche Bild: sechs Männer, eine Frau. War es nicht gerade die Linke, die sich für die Parität der Geschlechter starkgemacht hatte? Wäre das nicht die Gelegenheit gewesen, ein gutes Beispiel zu geben?

In der zweiten Runde des Vorwahlkampfes das gleiche Spiel. Benoît Hamon und Manuel Valls umgaben sich ausschließlich mit Männern. Wie? Valls? Der von sich behauptet, er kämpfe für die Gleichheit der Geschlechter. Hamon, der behauptet, er bereite die Gesellschaft von morgen vor. Und Emmanuel Macron! Obwohl seine Bewegung En Marche! auf den ersten Blick paritätisch aufgestellt zu sein scheint, besteht sein engster Vertrautenkreis aus Männern. Nur einer ist in der Hinsicht sauber, Jean-Luc Mélenchon. Ein schwacher Trost.

Ist die französische Politik ein zu ernstes Thema, um es Frauen zu überlassen? Die Politikerinnen der Linken, von Christiane Taubira bis zu Najat Vallaud-Belkacem, haben die gleiche Eignung wie ihre männlichen Konkurrenten. Es gibt natürlich ebenso viele unfähige Frauen, wie es dumme Männer gibt. Das Problem ist dieser Teufelskreis: Die Schwierigkeit, sich in einem von Männerzirkeln geprägten System Platz zu schaffen, führt dazu, dass Frauen der Mut verlässt. Sie fürchten, sich der Lächerlichkeit preiszugeben, der Hochstapelei verdächtigt und überrollt zu werden.

Frankreich hat – verglichen mit Deutschland, wo es eine Kanzlerin gibt und eine Verteidigungsministerin – einiges nachzuholen. Es ist 2017, Jungs, es wäre vielleicht an der Zeit, ein wenig Platz zu machen für eure Kolleginnen!

23 Apr 2017

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Alexandra Schwartzbrod
Schwartzbrod

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