taz.de -- „Tatort“ aus Köln: Mein Haus, mein Garten, meine Ruhe

Herr Holtkamp ist ein „kontaktgestörter Ordnungsfanatiker“ sagen seine Nachbarn. Dann fällt er von der Brücke und ist tot. Wer war's?
Bild: Das Ehepaar Möbius ganz liebevoll beim Frühstück. Und was macht Nachbar Holtkamp?

Hier hängt Frau Voigt die viel zu weiße Wäsche auf, dort pflanzt Herr Holtkamp ein paar Zypressen, ein Haus weiter bekommt Herr Scholten von seiner Frau einen neuen Grill zum Geburtstag. Frau Möbius von Gegenüber versucht alles im Blick zu behalten, sie hat ja Zeit, ihr Mann ist so selten da. Abends vertreibt Herr Holtkamp noch ein paar spielende Kinder aus seinem Garten, im Hintergrund läuft die ganze Zeit Pharell Williams’ Song „Happy“. Nachts stürzt Herr Holtkamp von einer Brücke und wird von einem Lkw zerquetscht.

„Happy“ ist vorbei. Denn tot war Werner Holtkamp schon vor dem Fall. Das war Mord. Und jede und jeder in der Nachbarschaft hat ein Motiv. Holtkamp hatte genervt, hatte vor Gericht gestritten, Nachbarn angezeigt und war selbst angezeigt worden. Ein „kontaktgestörter Ordnungsfanatiker“ sei er gewesen. Man möchte, dass nach dem eigenen Tod die Arbeitskollegen anderes über einen behaupten.

Christoph Wortberg (Buch) und Torsten Fischer (Regie) haben einen klassischen Whodunit inszeniert, einen Wer-war’s?-Krimi. Man wartet die ganze Zeit darauf, dass am Ende Agatha Christies Hercule Poirot die Bühne betritt, die Gesellschaft um sich versammelt und allen die Motive vorhält, dann sagt, warum er oder sie es doch nicht war – und am Ende freundlich, aber bestimmt auf die Mörderin oder den Mörder zeigt.

Aber wir sind hier ja in Köln. Da klären Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) so was seit bald 20 Jahren bei Currywurst („zerbraten“) und Pommes („kein Biss“) – ohne Publikum und wieder nicht an der klassischen „Wurstbraterei“ am Rheinufer, sondern im Präsidium.

Man muss wohl fast schon von Mut sprechen, wenn heutzutage ein solch klassischer Krimi gedreht wird, bei dem die ZuschauerInnen mitraten können – und zum Schluss mal nicht die Gesellschaft schuld ist. Das tut richtig gut.

26 Mar 2017

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Jürn Kruse

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