taz.de -- Wiki-Krieg über Comicfigur: Garfield, der Cis-Kater
Lasagne, Pizza, Schlaf und … Männlichkeit? Wikipedia streitet über Garfields Geschlecht. Mittlerweile musste sich der Zeichner der Comics einschalten.
Berlin taz | Garfield ist ein Kater. Oder? Man könnte auch sagen, Garfield ist das zivile Opfer eines Kriegs, wie ihn nur Wikipedia-Nutzer*innen führen können. Über das Geschlecht der gestreiften Comicfigur ist ein sogenannter Edit War auf Wikipedia entbrannt.
„FAKT: Garfield hat kein Geschlecht“, schrieb Virgil Texas am 23. Februar auf Twitter. Der Journalist verwies auf ein Zitat von Garfields Schöpfer Jim Davis. 2014 hatte der [1][einem Online-Medium gesagt]: „Als Katze ist Garfield nicht wirklich männlich oder weiblich oder hat eine bestimmte Rasse oder Nationalität.“ Mit dieser Quelle änderte Virgil Texas unter dem Alias David „The Milk“ Milkberg das Geschlecht in Garfields englischsprachigem [2][Eintrag] von „männlich“ zu „keins“.
Keine Dreiviertelstunde später machte jemand die Änderung rückgängig. [3][In den folgenden Tagen] sprang das Wort in der Kategorie Gender 24 Mal hin und her – von „männlich“ zu „keins“ zu „männlich“ zu „?“ zu „umstritten“ zu „männlich“ … Wikipedia sperrte die Seite für einige Tage gegen Änderungen und erzwang so einen Waffenstillstand.
Virgil Texas, der den Streit ausgelöst hat, ist als Troll bekannt. So erfand er mit einem Kollegen von der Washington Post einen Experten, [4][der den Wahlausgang aufgrund seines Bauchgefühls vorhersagte]. Auf Facebook [5][infiltrierte er] eine White-Pride-Gruppe.
Garfield als „geschlechtsloser progressiver Klumpen“
Falls der Journalist Diversity-Gegner auf den Plan rufen und vorführen wollte, ist ihm das gelungen. Zwar erinnern leise Stimmen daran, dass Gender bei Menschen und Katzen im Jahr 2017 [6][keine Rolle mehr spielen sollte]. Aber die meisten Antworten auf Texas sind empört. Garfield sei seit seiner Geburt 1978 ein Kater und solle es auch bleiben.
Die reaktionäre Meinungs-Website Heatstreet schreibt in [7][einem von drei Artikeln] zum Thema, „die Soziale-Gerechtigkeit-Clique“ wolle Garfield „in einen geschlechtslosen progressiven Klumpen“ verwandeln.
Auf Wikipedias [8][Talk-Seite zum Eintrag] steht eine Liste von 34 Comic-Strips, in denen auf Garfield mehr oder weniger explizit als männlich Bezug genommen wird. [9][In einem] sitzt Garfield in voller Moppelpracht auf dem Tisch und denkt darüber nach, wie sehr „Katzenjungs“ ihr „Junggesellendasein“ schätzen. Die rechercheintensive Liste gepostet hat ein neuer User namens DrCliche; wer hinter dem Account steckt, ist nicht bekannt.
Inzwischen hat sich der Zeichner Davis selbst zu Wort gemeldet und Garfield zum Cis-Mann erklärt. Der [10][Washington Post] und dem Boulevard-Blatt [11][Daily News ] sagte Davis: „Garfield ist männlich. Er hat eine Freundin namens Arlene“. Inwiefern diese beiden Merkmale zusammenhängen, wird noch nicht diskutiert. Allerdings hat gleich jemand die Kategorie „Ehegattin“ umbenannt zu „Lebensgefährtin“. Bislang gab es dagegen keinen Widerspruch.
3 Mar 2017
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
5,5 Millionen Mal wurde „das Ding“ vor der Insel Seram auf YouTube geklickt. Aber was ist dieser Klumpen? Ein Wal? Ein Schiffswrack? Ein Seeungeheuer?
Neues und Altes vom französischen Zeichner Jacques Tardi: das Antikriegsepos „Der letzte Ansturm“ und das Meisterwerk „Hier Selbst“.
Das Wilhelm-Busch-Museum in Hannover zeigt „Fix und Foxi“ , wie es deren Fans freut und dem Comic-Unternehmer Rolf Kauka gefallen hätte
Wie Männer kommunizieren, kann für sie und andere mitunter tödlich enden. Buchautor Jack Urwin über toxische Männlichkeit.
Die französische „Vogue“ zeigt Valentina Sampaio auf dem Cover. Erstmals ist damit ein trans* Model auf dem Titel. Ein überfälliger Schritt.
Weil sie eine Zeichnung teilten, blockierte Facebook einige Nutzer. Dass die Beiträge anti-rassistisch waren, merkte Facebook erst später.
Dalibor Talajic zeichnet den Überlebenskampf im Bürgerkriegsland. Sein Online-Comic lebt von den Erzählungen einer anonymen Mutter.