taz.de -- Kolumne Ich meld mich: Weiterhin recht unbeständig

Vergessen Sie die „Blauer Himmel, milde Brise“-Garantie. Schlägt das Wetter Kapriolen, müssen Sie selbst sehen, wie sie klarkommen.
Bild: Das mit der Wetter-Garantie ist nicht einklagbar

Alle reden vom Wetter – vor allem, wenn es sich wieder einmal alles andere als vertragskonform verhält. Bedauerlicherweise kümmert es sich häufig einen Dreck um jenen virtuellen Passus, den heute jede Reisebuchung beinhaltet: die „Blauer Himmel, milde Brise“-Garantie.

Ein klarer Fall für die Juristen. Denn für Urlaubsorte ist das Wetter eine Sprengladung mit Langzeitwirkung: Regnet es eine Sommerwoche lang an der Ostseeküste, können die Strandkorbvermieter im nächsten Jahr bei blauestem Himmel Däumchen drehen. Fällt der Schnee in einem Alpental besonders fluffig, stehen sich in der nächsten Saison die Skifahrer die Schlappen platt, auch wenn die Hänge wieder schmutzig-grün erstrahlen.

Das sind die Langzeitfolgen. Vor Ort und in der Jetztzeit aber sind stets die Touristiker die Angeschmierten. Sie müssen für das Desaster geradestehen. Bettenweichheitsgrad, Jodlerprogramm, Schnitzelkonsistenz – an vielen Schräubchen kann man drehen, um „Gästezufriedenheit“ exakt einzustellen. Das Wetter aber ist wie der Hauptschalter. Steht der auf „Schiet“, wird es überall zappenduster.

Gutes Wetter hat nur ein Gesicht: Es ist schön. Schlechtes Wetter hat unendlich viele Fratzen. Es kommt daher als Rauschen des Regens auf dem Zelt in Trondheim, als tropfende Zweige am Morgen auf Borkum, als satter Nebel im Tal von Meran.

Die Auswirkungen von schlechtem Wetter in Urlaubsgebieten sind dramatisch: Der Obstlerverbrauch steigt exponential zur Trübsinnsquote, die „Nie wieder Harz“-Schwüre nehmen Chorvolumen an, es kommt zu tätlichen Angriffen auf zähneklappernde Praktikanten, die skrupellos an die Front geworfen werden, um den Gästen den Wetterbericht für morgen auszuhändigen. Und der Gute-Laune-Guru erhängt sich morgens um fünf mangels fehlender Berufsperspektiven am Glockenseil der Wetterstation.

Wetter, Wetter – reden wir nicht drüber!

11 Mar 2017

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Franz Lerchenmüller

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