taz.de -- Selbst gemischter Schnaps gegen G20: „Es ist ein bisschen widerborstig“
Ab sofort soll es ein Soli-Getränk für den G20-Protest geben: Mexikaner, ein Shot auf Tomatensaftbasis mit Korn, den viele Kneipen auf St. Pauli selbst mischen
taz: Herr Meier, Saufen für einen guten Zweck ist ein bewährtes Mittel, um Proteste zu finanzieren, aber warum gerade diese rote Plörre?
Johannes Meier: Das ist als Schnapsidee am Tresen entstanden. Aber es liegt eigentlich total nahe: Mexikaner gegen Trump als Soligetränk für den G20-Protest. Es ist ein niedrigschwelliges Angebot für Bars, die sich am Protest beteiligen wollen. Und eine einfache Art für die Kneipen, zu zeigen, dass die Herrschenden, die für Armut, Flucht und Ausbeutung stehen, hier unerwünscht sind.
Wieso nimmt man dafür nicht einen Schnaps, der besser schmeckt?
Der Mexikaner ist ein typisches St.-Pauli-Getränk. Es wurde hier vor 20 Jahren im Steppenwolf in der Schmuckstraße entwickelt. Das war eine völlig dunkle Kaschemme. Mittlerweile gibt es die gar nicht mehr, aber Mexikaner gibt es auf dem Hamburger Berg überall. Das Getränk gehört einfach sehr stark zu St. Pauli dazu. Da ist auch dieses Eigenbrötlerische, das zu diesem Stadtteil gehört: Es ist ein bisschen widerborstig und nicht das leckerste Getränk. Und es ist ein Do-it-yourself-Getränk, die Bars mixen es selber.
Und was haben die Vertreter der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer jetzt mit St. Pauli zu tun?
Hier auf St. Pauli findet eben auch der G20-Gipfel statt, US-Präsident Donald Trump kommt im Sommer nach St. Pauli. Wenn die sich also überlegt haben, hierher kommen zu wollen, wo wir schon sind, wollen wir ihnen eine Kritik von unten entgegensetzen. Wir wollen Mauern einreißen, statt sie zu errichten.
Wie soll die Mexikaner-Aktion ablaufen?
Wir haben eine [1][Homepage], die Bars kontaktieren uns und wir schicken ihnen Poster und anderes Material zu und listen sie auf der Homepage auf. Dann machen sie das in Eigenregie, sie verkaufen ihre Mexikaner und der Erlös geht auf unser Spendenkonto. Die Idee ist auch, dass Leute in einer Bar dann über G20 ins Gespräch kommen.
Was passiert mit dem Geld?
Wir machen am 8. und 9. April auf St. Pauli die zweite Aktionskonferenz gegen den G20-Gipfel, die müssen wir erst mal finanzieren. Aber darüber hinaus gibt’s ja auch den Aktionstag am 7. Juli, die Demo am 8. Juli und weitere hedonistische Aktionen um den Gipfel herum. Protest kostet leider auch viel Geld.
Haben Kiezkneipen überhaupt Interesse daran, sich gegen G20 zu engagieren?
Das Interesse ist groß! Wir wurden schon von vielen Clubs und Bars gefragt, wie sie sich einbringen können. Die Aktion läuft bundesweit und darüber hinaus. Auch Kneipen in Spanien und Dänemark haben schon gefragt, wie man Mexikaner herstellt und werden es in ihre Karte aufnehmen, um die Proteste in Hamburg zu unterstützen.
Einen Fuselschnaps in Kiezkneipen verkaufen – ist das eine sinnvolle Art, Kritik zu üben?
Wir versuchen, den Rassismus von Trump satirisch zu wenden und gemeinschaftlich eine Kritik zu artikulieren. Es spricht viele Leute an, auch wenn es natürlich eine verkürzte Kritik an G20 ist. Es geht ja beim G20-Protest nicht nur um Trump. Er ist nur ein Repräsentant, eine besonders perfide Spielart der neoliberalen Verhältnisse. Es geht auch darum, eine generelle Kritik an G20 zu äußern und die Idee einer solidarischen Welt entgegenzustellen.
Wer hat sich das ausgedacht?
Ich saß an einem Montagabend mit einem Freund am Tresen und wir haben überlegt, was man machen kann, um die Bars und Clubs in den Protest einzubeziehen. Da kam uns diese Idee, wie so viele gute Ideen, die in Kneipen entstehen.
Was ist wichtig, damit der Mexikaner einigermaßen schmeckt?
Er muss grobe Pfefferkörner haben, mit Korn gemacht sein, darf nicht zu wässrig sein und muss pikant im Abgang sein.
WirtInnen, VeranstalterInnen und alle, die Getränke ausschenken, können sich hier beteiligen:
[2][https://www.g20hamburg.org/mexikaner]
27 Feb 2017
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