taz.de -- Israelischer Siedlungsbau in Palästina: Zwangsenteignungen geplant
Israels Regierung will ein siedlerfreundliches Gesetz im Schnellverfahren durchsetzen. Die linksliberale Opposition versucht, die Regelung aufzuhalten.
Jerusalem dpa | Israels Regierung will mit einem umstrittenen Gesetz Tausende von Siedlerwohnungen auf palästinensischem Privatland legalisieren. Eine für Montag angekündigte Abstimmung im Parlament wurde zunächst verschoben. Anschließend hieß es jedoch, sie solle planmäßig stattfinden. Es wurde mit weiteren Verzögerungen gerechnet, weil die Opposition Hunderte von Einwänden eingereicht hat und die Billigung auch mit Dauerreden behindern wollte.
Israels konservativer Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte gesagt, man wolle mit dem Gesetz die Besiedlung des besetzten Westjordanlands „ein für alle Mal regeln“.
Israels Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit hat gewarnt, das Gesetz verstoße gegen israelisches Recht und er werde es nicht vor Gericht verteidigen. Außerdem hat er nach Medienberichten die Sorge geäußert, das Gesetz könne Munition liefern für Klagen gegen Israelis vor dem internationalen Strafgerichtshof.
Das Gesetz betrifft nach Angaben der Zeitung Haaretz 16 Siedlungen und Außenposten im Westjordanland. Es ermögliche dem Staat, palästinensisches Privatland, auf die israelische Siedler „unwissentlich oder auf Anweisung des Staates“ Häuser gebaut haben, als staatlichen Besitz zu konfiszieren.
Die rechtmäßigen Eigentümer dürften es dann bis zu einer endgültigen Entscheidung über den künftigen Status der Gebiete nicht mehr nutzen. Sie sollten aber mit einer jährlichen Gebühr oder – soweit möglich – mit einem alternativen Grundstück entschädigt werden.
Die wütenden Siedler besänftigen
Das Gesetz gilt allerdings nicht für Siedlerhäuser, deren Räumung bereits durch ein Gericht angeordnet worden ist. Bis zum 8. Februar sollen der Außenposten Amona und neun Häuser in der nahe gelegenen Siedlung Ofra geräumt werden. Nach Medienberichten will die Regierung mit dem Gesetz auch wütende Siedler besänftigen, die mit einem Hungerstreik gedroht hatten.
Rund 600.000 Israelis leben in mehr als 200 Siedlungen im Westjordanland und Ost-Jerusalem. Sie gelten als Hindernis für eine Friedensregelung mit den Palästinensern. Netanjahu hatte die Billigung des umstrittenen Gesetzes bis nach dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Donald Trump aufgeschoben.
Der UN-Sicherheitsrat hat die israelischen Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten einschließlich Ost-Jerusalem als Verstoß gegen internationales Recht und großes Hindernis auf dem Weg zu einem dauerhaften und umfassenden Frieden in Nahost bezeichnet. Staaten dürfen nach internationalem Recht keine eigene Zivilbevölkerung in besetztes Territorium umsiedeln.
30 Jan 2017
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Das israelische Kabinett hat über den Bau einer komplett neuen Siedlung entschieden. UN-Generalsekretär António Guterres übt scharfe Kritik daran.
Merkel unterstützt Abbas in seiner Kritik an Israels Expansionspolitik. Von Deutschland fordert er eine aktivere Rolle im Nahost-Friedensprozess.
Kanzlerin Merkel lässt Regierungsberatungen mit Israel wegen Terminproblemen absagen. Manche sehen darin ein Statement zu Netanjahu.
Israel gibt grünes Licht für den Bau von 566 neuen Siedlerwohnungen in Ost-Jerusalem. Die Entscheidung war bis zu Trumps Amtsantritt herausgezögert worden.
Zu komfortabel ist die gegenwärtige Situation für Netanjahu. Für ihn gibt es keinen Grund, über Frieden mit den Palästinensern zu verhandeln.
Israels Regierung hat sich mit den Bewohnern der Siedlung Amona auf einen Kompromiss geeinigt – und beugt so Zusammenstößen bei der Räumung vor.
Bis zum 25. Dezember müssen die rund 40 Häuser von Amona abgerissen werden. Doch der Streit ums Land ist noch nicht vorbei.
Die illegale Siedlung Amona muss abgerissen werden, so das oberste Gericht. Doch das Urteil ist kein schlechter Deal für die Verfechter Großisraels.