taz.de -- Geflüchtete nach Griechenland: Die Bundesregierung will abschieben

Die Rückführungen sollen nur noch bis 15. März ausgesetzt bleiben. Das entspricht einer Empfehlung der EU-Kommission zur Anwendung des Dublin-Systems.
Bild: Syrische Geflüchtete in einem Lager in Ritsona nördlich von Athen

Frankfurt/Main afp | Die Bundesregierung will einem Zeitungsbericht zufolge schon bald wieder Asylbewerber nach Griechenland abschieben. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) habe das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) gebeten, die Übernahmeersuchen an Griechenland nur noch bis zum 15. März auszusetzen, berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Damit folgt die Bundesregierung einer Empfehlung der EU-Kommission zur Rückkehr zum sogenannten Dublin-System.

Er habe das Bamf auch darum gebeten, ihm einen Vorschlag zur Umsetzung der EU-Empfehlung zu erstellen, zitierte die FAZ aus einem Brief de Maizières an den Vorsitzenden des Innenausschusses des Bundestags, Ansgar Heveling (CDU).

Die sogenannten Dublin-Regeln der EU sehen vor, dass Flüchtlinge ihren Asylantrag grundsätzlich in dem Land stellen müssen, in dem sie zuerst europäischen Boden betreten. Wegen Mängeln im griechischen Asylsystem hatte Deutschland Abschiebungen nach Griechenland jedoch schon 2011 ausgesetzt.

Anfang Dezember hatte die EU-Kommission aber empfohlen, die Abschiebungen für Flüchtlinge wieder aufzunehmen, die nach dem 15. März in Griechenland ankommen und dann entgegen den EU-Asylregeln in andere Mitgliedstaaten weiterreisen. Sie begründete dies mit Verbesserungen im griechischen Asyl- und Justizsystem.

Scharfe Kritik von Pro Asyl

Die Organisation Pro Asyl übte scharfe Kritik an den Plänen der Bundesregierung: Die Maßnahme werde dem Asylsystem in Griechenland einen zusätzlichen Schlag versetzen.

Der Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks in Athen sagte der FAZ allerdings, auf absehbare Zeit werde es nicht viele Rückführungen geben können. Im Winter könnten ohnehin keine Flüchtlinge nach Griechenland zurückgeschickt werden. Derzeit seien dort viele Flüchtlingslager in „schrecklichem Zustand“, die Betroffenen müssten „in Eis, Schnee und Morast leben“.

Zudem müsse Athen ordentliche Unterbringungsbedingungen und Asylverfahren in angemessener Zeit zusichern, sagte der UN-Sprecher der Zeitung. „Beide Bedingungen sind in Griechenland derzeit aber vielfach nicht erfüllt.“

12 Jan 2017

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