taz.de -- Kolumne Macht: An der Seite Donald Trumps

Machtwechsel in den USA: Wer auf der Seite der Demokratie bleiben will, muss jetzt an Donald Trumps Seite stehen.
Bild: Immer an seiner Seite: die Familie Trump

Es ist gar nicht so einfach mit der Demokratie. Im afrikanischen Gambia nicht, bei den deutschen Grünen nicht und auch nicht beim Machtwechsel in den USA. Wenn in diesen Tagen jemand ein Verfahren als besonders demokratisch lobt oder die Demokratie retten möchte, dann wird mir blümerant. Weil es häufig ein Hinweis auf das Gegenteil ist.

Das kann harmlos und für Außenstehende sogar lustig sein. Wie die Kür von Cem Özdemir zum Spitzenkandidaten für den Bundestagswahlkampf. Gegner der Grünen dürften vor Lachen kaum Luft bekommen haben, als die Führungsspitze der Partei das Ergebnis der Urwahl als Vertrauensbeweis interpretiert hat. 35,96 Prozent für einen leibhaftigen Parteivorsitzenden – wenn das kein starkes Mandat ist! Es muss Spaß machen, den Wahlkampf gegen die Grünen zu konzipieren.

Fest steht: Cem Özdemir hat nur etwa ein Drittel seiner Partei hinter sich, jedenfalls bisher. Wenn er und die übrige Führungsriege der Grünen nicht von selbst darauf kommen, dass dieses – für sie vermutlich unerwartete – Defizit an demokratischer Legitimität nur durch eine Stichwahl auszugleichen ist, dann ist ihnen nicht zu helfen.

Entscheidung im Fotofinish

Eine Wahl ist kein Hundert-Meter-Lauf, und nicht immer geht es darum, wer im Fotofinish die Nase vorn hat. Manchmal aber schon. Nämlich dann, wenn eine Wahl von der Verfassung als die endgültige Entscheidung vorgesehen ist. Das gilt nicht für eine Abstimmung der grünen Basis. Aber für den Ausgang der Präsidentschaftswahlen in den USA.

Was sich dort abspielt, ist weder harmlos noch lustig. Nein, damit ist nicht gemeint, dass Donald Trump mit Rassisten paktiert, selbst ein Sexist ist und dass es auch sonst gute Gründe gibt, sich vor seiner Präsidentschaft zu fürchten. Darum geht es jetzt mal gerade nicht. Es geht darum, dass die Demokraten schlechte Verlierer sind.

Donald Trump hat sich nicht an die Macht geputscht, er ist gewählt worden. Das seltsame Wahlsystem in den USA hat er nicht erfunden. Er ist auch nicht für Gesetze verantwortlich, die es ihm erlauben, zu sagen, was er sagt, und sich zu verhalten, wie er sich verhält. Ach, übrigens: Die Nato und TTIP nicht für der Weisheit letzten Schluss zu halten, ist ihm nicht allein vorbehalten. Einige meiner besten Freunde sahen das lange genauso – bis sie feststellen mussten, dass Donald Trump ihrer Meinung war.

Demos sind in Ordnung

Es macht keinen Spaß, sich auf die Seite von Trump zu stellen. Aber wer es ernst meint mit der Demokratie, muss das jetzt tun. Demos gegen ihn sind in Ordnung, natürlich. Aber es gibt – bisher – keinen Anlass, so zu reagieren, als habe der neue US-Präsident sich seines Staats bemächtigt. Das hat er nicht getan. Und die Veröffentlichung eines Dossiers aus ungesicherter Quelle, das schlüpfrige Vorwürfe gegen ihn enthielt, war ein Tiefpunkt der demokratischen Auseinandersetzung.

Tiefpunkt? Na ja, es gibt auch noch Gambia. Wochenlang hat sich dort Diktator Yahya Jammeh geweigert, seine Wahlniederlage einzugestehen. Wochenlang war das dem Rest der Welt egal. Und nun? Nun fällt dem UN-Sicherheitsrat und den afrikanischen Anrainerstaaten nichts anderes ein als die Drohung mit einer Militäroffensive. Das ist beschämend. Und ein Hinweis darauf, dass afrikanische Menschenleben doch nicht soviel zählen wie andere.

Jede Militärintervention kostet Leben. Jede. Wenn sich in Luxemburg, in Polen oder in Ungarn ein Präsident weigern sollte, seinen Posten zu räumen, dann würden EU, Nato und UNO mehr Fantasie an den Tag legen. Aber es geht ja nur um Gambia. Da kommt es nicht so darauf an. Es steht nicht gut um die demokratischen Grundsätze auf der Welt. Und um die Menschenrechte.

22 Jan 2017

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Bettina Gaus

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