taz.de -- Heckler & Koch ändert Verkaufspolitik: Knarrenhersteller entdeckt Gewissen

Die Rüstungsfirma Heckler & Koch will fragwürdige Staaten nicht mehr beliefern. Aber da sind ja noch die alten Verträge.
Bild: Exportschlager: Heckler & Kochs G36

Berlin taz | Mexikanische, saudische und indische Polizisten und Soldaten müssen künftig ohne Gewehre des deutschen Unternehmens Heckler & Koch (H&K) auskommen. Wie gestern bekannt wurde, hat die Waffenschmiede beschlossen, keine neuen Geschäfte mehr mit Staaten zu machen, die nicht der Nato angehören oder dem Militärbündnis nahestehen. Auch an den Nato-Staat Türkei will H&K keine Waffen mehr verkaufen.

„Wir wollen nur noch solide Länder beliefern“, erklärte ein Firmensprecher und meinte damit Staaten, die „zweifelsfrei demokratisch“ und „eindeutig nicht korrupt“ seien.

Derzeit wartet H& K in etwa einem Dutzend Fälle darauf, dass die Exportbehörden Ausfuhren genehmigen. Unter anderem geht es um eine Lieferung von Ersatzteilen nach Saudi-Arabien. Der saudische Staat stellt das Sturmgewehr G36 in Lizenz her, allerdings ist das Werk von einigen in Deutschland produzierten Komponenten abhängig.

Der Rüstungskritiker Jürgen Grässlin bezeichnet die neue Strategie von H&K als einen „Schritt in die richtige Richtung“. Angesichts neuer Aufträge erscheine der Firma die Lieferung an Regime offenbar als imageschädigend, erklärt er und verweist darauf, dass im Frühjahr 2017 ein Prozess gegen H&K wegen des illegalen Exports von G36-Gewehren nach Mexiko beginnen soll.

Allerdings entscheide sich an der wichtigen Frage, ob alte Verträge weitergeführt würden, wie zukunftsweisend die Strategie des Unternehmens tatsächlich sei. „Wenn Heckler & Koch weiterhin Ersatzteile nach Riad liefert, verübt das Unternehmen auch künftig Beihilfe zum Massenmord“, sagte Grässlin der taz.

Nach einer finanziellen Krise steht H &K in diesem Jahr wieder besser da. In den ersten neun Monaten 2016 konnte die Firma eine Umsatzsteigerung von 19 Prozent verbuchen. Frankreich bestellte über 100.000 Sturmgewehre, Litauen kauft Waffen im Wert von 12,5 Millionen Euro, und Baden-Württembergs Polizei erhält 3.000 neue Maschinenpistolen aus dem Hause H&K.

28 Nov 2016

AUTOREN

Wolf-Dieter Vogel

TAGS

Heckler und Koch
Rüstungskonzern
Waffen
Jürgen Grässlin
Rüstungsindustrie
Saudi-Arabien
Heckler und Koch
Heckler und Koch
Heckler und Koch
G36

ARTIKEL ZUM THEMA

Kolumne Liebeserklärung: Einer, der gegen Waffen kämpft

Bei der Rüstungsexportkontrolle versagt die Groko. Wie gut, dass Menschen wie Jürgen Grässlin gegen die tödliche Heuchelei ankämpfen.

Deutsche Rüstungsindustrie: Ein stummes Idyll

Auch wenn Saudi-Arabien den Jemen bombardiert, liefert Deutschland weiter Waffen dorthin. Dort, wo sie gebaut werden, scheint der Krieg fern.

Militärkooperation mit Saudi-Arabien: Bundeswehr soll Offiziere schulen

Von der Leyen muss in Saudi-Arabien taktieren: Das Land ist wichtiger Partner im Anti-IS-Kampf. Trotzdem ist eine militärische Kooperation heikel.

WDR-Dokumentation über Heckler & Koch: Überleben in der Waffenfabrik

Ein Dokumentarfilmer kehrt nach 32 Jahren zurück nach Oberndorf. Der Ort am Neckar ist die kleine Hauptstadt der deutschen Rüstungsindustrie.

Uraufführung am Schauspiel Stuttgart: I kill people with a gun

Am Schauspiel Stuttgart erzählen Schauspieler und Kinder die erfolgreiche Geschichte eines schwäbischen Waffenherstellers.

Massaker in Mexiko: Heckler & Kochs Mordsgeschäfte

Mitverantwortlich für ein Massaker? Eine Menschenrechtsorganisation will die Waffenschmiede vor einem deutschen Gericht sehen.

Sturmgewehr G36 von Heckler & Koch: Kein Schadensersatz für Bundeswehr

Das Bundesverteidigungsministerium wusste, was es bestellt, urteilt das Gericht. Der Rüstungshersteller Heckler & Koch ist fein raus.