taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Geben und Nehmen mit dem Papst
Dem DFB-Team sollen regelmäßig neue Impulse gegeben werden – etwa durch eine Privataudienz beim Papst. Für den ist das allerdings nichts Neues.
Es ist mittlerweile hinlänglich bekannt, dass die deutsche Nationalmannschaft geradezu davon getrieben ist, für den Erfolg auch wirklich alle Ressourcen zu nutzen. Auf den jüngsten Coup ist man indes besonders stolz: „Teambuilding in Rom mit Privataudienz beim Papst“ titelte der DFB jüngst eine Pressemitteilung. Nach dem gestrigen Spiel in San Marino fuhr der Kader nach Rom, um vor dem Spiel am Dienstag in Mailand „gemeinsame Aktivitäten zur Förderung des Zusammengehörigkeitsgefühls“ zu unternehmen. Als „Höhepunkt“ wurde dabei die Privataudienz bei Papst Franziskus kommenden Montagvormittag herausgestellt. Teammanager Oliver Bierhoff erklärte, man wolle „immer wieder auch Reizpunkte und Impulse setzen“.
Mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche möchte man also noch ein paar Prozentpunkte mehr aus der Mannschaft herauskitzeln. In der Ära Löw wurden ja schon einige Reizpunkte gesetzt: Auf Seilen zwischen Bäumen mussten die Profikicker schon balancieren, ein Bootstörn im Atlantik mit dem Weltumsegler Mike Horn wurde einmal aufs Tagesprogramm gesetzt, eine Mountainbiketour oder ein Fahrtraining mit Formel-1-Pilot Nico Rosberg und DTM-Fahrer Pascal Wehrlein, das zugleich auch als PR-Maßnahme für den Autosponsor nützlich sein sollte. Letztere Maßnahme konnte allerdings nicht als Erfolg verbucht werden, weil zwei Touristen von einem Auto erfasst wurden.
So gesehen ist der Besuch beim Papst eine sichere Nummer. Allerdings ist der Weltmeister bei weitem nicht das erste Team, das im Vatikan eine Audienz erhält. Die Finalspieler der Coppa Italia, des italienischen Pokalendspiels, die Teams aus Neapel und Florenz, die Nationalmannschaften von Italien und Argentinien waren hier schon allesamt auf der Suche nach besonderen Impulsen.
Papst Franziskus ist ein bekennender Fan und zahlendes Mitglied des argentinischen Erstligisten San Lorenzo del Almagro, dessen Spieler natürlich auch schon bei ihm in Rom zu Besuch waren. Fahnen mit den rot-blauen Vereinsfarben, und „San Lorenzo“-Trikots waren bei seinen ersten Generalaudienzen auf dem Petersplatz zu sehen. Geradezu barmherzig hat er bislang Anfragen aus Fußballerkreisen beantwortet. Ein eindrücklicher Beleg dafür ist seine Ehrenmitgliedschaft bei 1860 München. Eine Löwendelegation erwarb sich seine Unterschrift.
Die deutsche Nationalmannschaft hat also viele Mitstreiter, wenn sie nun die Nähe zum Papst sucht und auf wie auch immer geartete Impulse hofft. Und Papst Franziskus ist schlau und modern genug, die Projektionsfläche des Fußballs für Teambildungmaßnahmen seiner großen Mitgliederschaft zu nutzen. Er bekundete einst, die Aufgabe der Christen wie auch der gesamten Kirche sei mit jenen eines Fußballteams vergleichbar, sie müssten immer wieder „hart trainieren“ und wie Jesus „nicht Zuseher, sondern Akteure der Geschichte“ sein.
Es ist also ein Nehmen und ein Geben. Eine Win-win-Situation. Und beim Gebaren des Deutschen Fußball-Bundes, der sich zunehmend wieder gegen Kritik immunisiert, muss man sich bald vielleicht sowieso die Frage stellen: Wer gibt hier eigentlich wem eine Audienz?
13 Nov 2016
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