taz.de -- Kommentar Veggie-Produkttest: Am Verbraucherinteresse vorbei

Stiftung Warentest ignoriert bei ihrem Veggi-Test, dass die Verbraucher Tiere schützen wollen. Sie empfiehlt Produkte aus konventioneller Haltung.
Bild: Hoffentlich stammen diese Produkte nicht aus konventioneller Tierhaltung

Zuerst einmal ist klar: Mineralöl gehört nicht in Lebensmittel – und dass gerade die Bio-Anbieter damit negativ auffallen, ist enttäuschend. Zu Recht warnen die Verbraucherschützer vor diesen Produkten. Doch davon abgesehen ist der Test eine Enttäuschung. Denn die Stiftung Warentest ignoriert, warum die Menschen zu den Fleischalternativen greifen. Dabei hatte sie die Verbraucher sogar extra dazu befragt. Ergebnis: Zwei Drittel der Konsumenten greifen aus ethischen und moralischen Gründen zum Ersatzprodukt. Vor allem der Tierschutz ist den Konsumenten wichtig.

Den Test der Verbraucherschützer aber gewinnen dann zwei Produkte, die überwiegend aus Milch bestehen, und ein Produkt, das fast nur aus Ei besteht. Bei allen dreien kommen die Zutaten aus der konventionellen Tierhaltung, die Eier – immerhin – aus Freilandhaltung.

Vor allem der intensive Einsatz von Eiern geht am Verbraucherinteresse nach mehr Tierschutz deutlich vorbei. Denn das Problem, dass männliche Tiere keine Eier legen, konnte die Industrie noch nicht lösen. Frisch geschlüpfte Hähne sind daher für die Industrie Abfall und landen im Schredder. Und auch für die Schwestern steht der Schlachthof an, wenn die Produktivität nicht mehr reicht. So sterben für die „vegetarischen“ Frikadellen am Ende deutlich mehr Tiere als für Frikadellen aus Schweinefleisch.

Die Stiftung Warentest erwähnt all das mit keinem Wort – und empfiehlt die Produkte Verbrauchern, die laut ihrer eigenen Umfrage auf Tierschutz achten wollen. Das ist Täuschung durch Verbraucherschützer. Auch der Klima- und Umweltschutz, den sich viele vom Verzicht auf Fleisch erhoffen, findet nahezu keine Erwähnung. Um zu klären, ob die Mineralölbestandteile durch die Kunststoffverpackung oder über Schmiermittel bei der Produktion in die Lebensmittel gelangt sind, machten die Tester aufwendige Laboranalysen – eine Klimabilanz der Produkte erstellten sie nicht.

29 Sep 2016

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Tobias Pastoors

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