taz.de -- Parlamentswahl in Kroatien: Keine klare Mehrheit

Überraschend gewinnt die konservative HDZ bei der vorgezogenen Wahl, ist aber auf einen Koalitionspartner angewiesen. Die Wahlbeteiligung war niedrig.
Bild: Wen auch immer sie gewählt hat – für die absolute Mehrheit hat es nicht gereicht

Zagreb dpa | Bei der vorgezogenen Parlamentswahl in Kroatien gibt es keinen klaren Sieger. Das berichtete die staatliche Wahlkommission am Montag in Zagreb nach Auszählung aller Stimmen.

Demnach gewann die konservative HDZ 61 der 151 Mandate, verfehlte aber deutlich die Regierungsmehrheit. Die Sozialdemokraten (SDP) kamen auf 54 Abgeordnete. Den Ausschlag dürfte die neue Reformpartei Most (Brücke) geben, die 13 Sitze gewann. Die übrigen Plätze belegen Kleinparteien und die acht Vertreter der Minderheiten wie Serben, Italiener und Ungarn. Die Mehrheit im Sabor (Parlament) beträgt 76 Sitze.

HDZ-Chef Andrej Plenkovic kündigte bereits vor Auszählung aller Stimmen für Montag Sondierungsgespräche mit potenziellen Bündnispartnern an. „Nach solch einem Sieg sind wir die Partei, die die Chance haben wird, eine stabile, künftige kroatische Regierung in den nächsten vier Jahren zu bilden, erklärte er. „Wir haben bewiesen, dass wir das Vertrauen der Wähler wiedererlangt haben.“

Die HDZ hatte nach der letzten Wahl mit Most eine Koalition gebildet, die aber nach internen Grabenkämpfen im Juni auseinanderbrach. Der politische Stillstand hat Reformen verzögert, die Kroatien braucht, um zum Rest der Europäischen Union aufzuschließen. Das Land gilt zwar weiter entwickelt als andere Balkanländer. Doch es hat eine der schwächsten Volkswirtschaften innerhalb der EU.

Nach sechs Jahren Rezession zeichnet sich nun eine Erholung ab, die Arbeitslosigkeit liegt aber bei EU-weit hohen 14 Prozent. In Zeiten wachsender Spannungen mit dem früheren Balkankriegsfeind Serbien war in Kroatien zuletzt auch eine Zunahme nationalischer Rhetorik zu beobachten.

Führung aus den Umfragen verspielt

Das Ergebnis ist ein herber Schlag für die Sozialdemokraten, die in Umfragen noch geführt hatten. Analysten führten die Schlappe auf eine negative Kampagne und nationalistische Ausbrüche von Ex-Ministerpräsident Zoran Milanovic zurück, die einige Wähler von der SDP weggetrieben hätten. „Die HDZ hatte im Juni nur 20 Prozent, doch die SDP führte eine vollkommen falsche Kampagne“, sagte etwa der Experte Ivan Siber.

Milanovic zeigte sich am späten Abend enttäuscht. „Leider war dies kein glücklicher Tag für Kroatien“, sagte er offenbar mit Blick auf den Erfolg von HDZ. „Doch Kroatien braucht jetzt eine stabile Regierung, wer auch immer ihr angehört.“ Die Instabilität der vergangenen Monate dürfe sich nicht wiederholen, fügte Milanovic hinzu.

Die politische Unsicherheit äußerte sich auch in der Wahlbeteiligung. Stunden vor Schließung der Wahllokale lag die Beteiligung fast zehn Prozent niedriger als im November. In Kroatien sind 3,8 Millionen Bürger wahlberechtigt.

12 Sep 2016

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