taz.de -- Diktatur-Aufarbeitung in Chile: 26 Ex-Geheimdienstler verurteilt

Die linke Aktivistin Maria Cristina López wurde 1974 vom Geheimdienst gewaltsam verschleppt und gefoltert. Ein Berufungsgericht sprach viele mehrjährige Haftstrafen aus.
Bild: Die Aufarbeitung geht weiter in Chile. Hier erinnern AktivistInnen in Valparaiso an verschwundene Frauen in der Pinochet-Diktatur

Quito epd | Ein Berufungsgericht in Chile hat 26 Geheimdienstmitarbeiter aus der Zeit der Militärdiktatur zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Männer sind laut Gericht für die Entführung einer linken Aktivistin im Jahr 1974 verantwortlich, wie die Tageszeitung La Nación am Freitag (Ortszeit) berichtete. In sechs Fällen wurden die bisherigen Strafen um bis zu zehn Jahre erhöht.

Unter den Verurteilten ist der ehemalige Brigadier Miguel Krassnoff, dessen 15-jährige Haftstrafe bestätigt wurde. Die Gesamtstrafe des mehrmals verurteilten und bereits inhaftierten Krassnoff summiert sich auf über 400 Jahre. Er hat einen Antrag auf Freilassung unter Bedingungen gestellt.

Die linke Aktivistin Maria Cristina López gehörte der „Bewegung der revolutionären Linken“ an und war im September 1974 vom Geheimdienst gewaltsam verschleppt und gefoltert worden. Im November 1974 wurde sie zum letzten Mal gesehen.

1975 stand ihr Name auf einer Liste mit 119 Personen, die angeblich bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen linken Oppositionellen getötet wurden. Später stellte sich heraus, dass die Regimekritiker einer Mordaktion des Geheimdienstes unter dem Decknamen „OperationColombo“ zum Opfer gefallen waren.

Während der Militärdiktatur (1973-1990) unter General Augusto Pinochet wurden nach offiziellen Angaben rund 40.000 Menschen illegal inhaftiert und systematisch gefoltert. Mehr als 3.000 von ihnen wurden getötet.

10 Sep 2016

TAGS

Chile
Diktatur
Aufarbeitung
Chile
Chile
Chile
BND
Argentinien
Colonia Dignidad

ARTIKEL ZUM THEMA

Pensionssystem in Chile: Ausschreitungen bei Protesten

Tausende Chilenen nehmen an Demos gegen das private Pensionssystem teil. Dabei kommt es zu Zusammenstößen mit der Polizei.

Proteste gegen private Rente in Chile: Die Pension aus Diktatorenzeiten

Tausende Menschen gingen in vielen Städten auf die Straße. Die Rentner erhalten weniger, als sie eingezahlt haben. Fast die Hälfte lebt unter der Armutsgrenze.

Mord an politischen Häftlingen in Chile: Lebenslänglich für Junta-Militärs

Die chilenische Justiz verurteilt sieben Militärs wegen Mordes während des Pinochet-Regimes. Und der Staat muss den Familien der Opfer Entschädigung zahlen.

Folter in der „Colonia Digdidad“: Der BND wusste lange Bescheid

Das geht aus einer Kleinen Anfrage der Linken im Bundestag hervor. Bis 1987 hat die Bundesregierung Menschenrechtsverletzungen ignoriert.

Urteil gegen Militärdiktaturen: Plan Cóndor abgestürzt

Entführungen und Morde in ganz Lateinamerika gingen auf ihr Konto: Jetzt verurteilte ein Gericht in Argentinien Ex-Militärs aus mehreren Ländern.

Sektensiedlung Colonia Dignidad in Chile: Das Folterlager von Pinochet

Im Zusammenhang mit der Colonia Dignidad werden erstmals Fehler der deutschen Diplomatie eingeräumt. Das ist wichtig – aber nicht genug.