taz.de -- Großdemonstrationen in Chile: Zigtausende gegen Rentensystem

Die Privatisierung der Rentenkassen stammt noch aus der Zeit der Pinochet-Diktatur. Die Rentenauszahlungen liegen weit unter den zugesagten Beträgen.
Bild: 80.000? 600.000? Es waren auf jeden Fall ziemlich viele Menschen am Sonntag in Santiago auf der Straße

Santiago de Chile afp/dpa | Hunderttausende Menschen haben am Sonntag in der chilenischen Hauptstadt Santiago und anderen Teilen des Landes gegen das noch aus der Zeit der Pinochet-Diktatur stammende System der privaten Rentenkassen demonstriert.

Allein in der Hauptstadt Santiago gingen den Veranstaltern zufolge 600.000 Demonstranten auf die Straße. Nach Angaben der Polizei waren es 80.000. Die Kundgebungen fanden auch in rund 50 weiteren Städten statt.

Der Protest richtete sich gegen das unter der Militärdiktatur von Augusto Pinochet 1981 eingeführte System, mit dem die Altersvorsorge privatisiert wurde. Vor allem die neoliberalen Wirtschaftsberater des Diktators, die „Chicago-Boys“, drängten damals zu dem Schritt. Ihnen ging es nicht nur darum, den drohenden Bankrott des staatlichen Pensionssystems abzuwenden, sondern auch um eine höhere Sparquote.

Von dem System sind etwa zehn Millionen Beschäftigte betroffen. Die ausgezahlten Rentenbeträge liegen weit unter den zugesagten 70 Prozent des letzten Einkommens. Nach Angaben der staatlichen Aufsichtsbehörde der Pensionskassen beziehen die chilenischen Pensionäre durchschnittlich 197.726 Pesos (265 Euro).

Unter dem Druck anhaltender Proteste hatte die chilenische Präsidentin Michelle Bachelet vor zwei Wochen eine Reform des Rentensystems angekündigt. Bachelets Zustimmungswerte in der Bevölkerung liegen derzeit Umfragen zufolge bei 15 Prozent. Das ist der niedrigste Wert für ein Staatsoberhaupt in Chile seit dem Ende der Pinochet-Herrschaft (1973 bis 1990).

22 Aug 2016

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