taz.de -- Deutscher Boxer im Halbfinale: Harutyunyan will Gold für Hamburg
Artem Harutyunyan hat armenische Wurzeln. Im Halbfinale trifft er auf Collazo Sotomayor. Der tritt ausgerechnet für Aserbaidschan an.
Krachend fliegt der rechte Haken ins Gesicht des Gegners. Mit schmerzverzerrtem Kopf versucht er weiteren Schlägen auszuweichen, erfolglos. Artem Harutyunyan gewinnt den Kampf und erreicht das Olympia-Halbfinale im Boxen.
Der in Armenien geborene 26-Jährige mit den auffälligen Augenbrauen floh als Kind mit seiner Familie nach Hamburg, wuchs im Schanzenviertel auf und stieg mit 10 in den Boxring; wie sein älterer Bruder Robert.
Die engagierten Geschwister wissen, wo sie herkommen. „Uns wurde nichts geschenkt“, sagen sie. Nun bieten sie Flüchtlingen kostenlos Boxstunden an. Sie machen alles gemeinsamen, teilen in Schwerin eine WG. Nach Artems Olympia-Qualifikation sollte sein älterer Bruder in diesem Jahr folgen. Doch dafür hätte Robert nach Aserbaidschan reisen müssen. „Dort herrscht Krieg, deshalb ist es in Baku für Armenier zu gefährlich“, sagte Robert. Der Bergkarabach-Konflikt war wieder eskaliert. Im Mai hatte es 100 Tote gegeben. Armenien und Aserbaidschan beanspruchen dieses Gebiet seit Jahrzehnten für sich, die Nachbarstaaten sind verfeindet.
Und nun das: Im Halbfinale am Freitag trifft Artem auf Collazo Sotomayor. Einen Kubaner, der ausgerechnet für Aserbaidschan antritt. Kein Thema für den Sportsoldaten. „Es bedeutet mir sehr viel“, sagt er, „dass ich der erste Deutsche seit 2004 bin, der eine Medaille gewinnt.“ Seinen großen Traum kann er sich bald erfüllen: Gold. Für Hamburg und für seine Familie.
18 Aug 2016
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Der Hamburger Artem Harutyunyan hatte zum zweiten Mal die Chance auf einen WM-Titel in den USA. Diesmal hat er sie unumstritten vergeben.
Der Hamburger Boxpromoter Ismail Özen-Otto wirft dem ZDF vor, dem Box-Talent Artem Harutyunyan empfohlen zu haben, den Namen zu wechseln.
Das IOC sagt, Sport habe mit Politik nichts zu tun. Es verbittet sich jegliche politische Äußerung bei Olympia. Warum das nicht klappen kann.
Nicola Adams, erste Goldmedaillengewinnerin im Boxen, will erneut ganz groß zuschlagen. Mittlerweile hat sie auch gelernt, sich gut zu vermarkten.
Schland holt sein erstes Fußball-Gold und Usain Bolt sein neuntes Sprintgold. Im Fünfkampf bocken die Pferde und Hockey ist ein Weltraumsport.
Golt, also Gold für Bolt gab es letzte Nacht. Und sonst? Drei Hipster auf der Rennbahn und die beste Ringerin der Welt weint.
Kristina Vogel gewinnt im Bahnrad-Sprint auch ohne Sattel, Fabian Hambüchen brilliert am Reck. Der Star der Nacht ist aber eine US-Turnerin.
Die brasilianischen Fans werden kritisiert, weil sie die eigenen Athleten anfeuern. Und Gegner verunglimpfen. Warum denn eigentlich nicht?
Eine nasse Tartanbahn wird kreativ umgenutzt, Brasilien hat mit da Silva seinen Goldjungen und Usain Bolt kann Siegerehrung.
Die Deutschen sind beim Boxen chancenlos und werfen deshalb Verschwörungstheorien in den Raum. Das Misstrauen basiert auf Erfahrungswerten.
Am Wochenende blickt Hamburgs Musikklub „Knust“ auf 40 gute, schlechte und am Ende doch wieder gute Jahre zurück. Eine Begegnung