taz.de -- Kolumne Ich meld mich: Der harte Kampf ums Dasein

In den Allgäuer Freibädern fing es an: Pferdebremsen attakierten ihn. Seine Waffe gegen die Qual der Angreifer ist die bloße Hand.
Bild: Der Feind ist gelandet! Stechmücke auf menschlicher Haut

Leichen pflastern meinen Weg, Tausende und Abertausende. Ich habe gekämpft im Dschungel von Equador und dem Schilfgürtel am Hengelesweiher. Ich habe Blut vergossen in Zelten auf Grönland, in Hotelzimmern am Rhein und in den Tundren Sibiriens. Und ich spüre keinen Funken Reue. Mein Kampfeswille erwuchs früh in Allgäuer Freibädern, als die Bremsen sich zwischen die Schulterblätter setzten, wo sie nicht zu erreichen waren, und manchmal war eine Pferdebremse dabei, und der werdende Krieger heulte vor Wut.

Dieser Wille erstarkte in den Weiten Lapplands, wo ich mich gegen den Ansturm der Stechmücken in den beißenden Qualm der Lagerfeuer flüchtete und daraus hervorkam wie ein birkengeräucherter Jokkmokker Schinken. Und er speiste sich aus der Schmach der Niederlage in Neufundland. Wenn die Blackflies, die Kriebelmücken, uns wieder einmal fast aufgefressen hatten, stürzten wir ins Auto, fuhren mit weit geöffneten Türen an, sodass der Fahrtwind die Schwärme hinauswirbelte, und lebten bei geschlossenen Scheiben für zwei, drei Minuten auf. Dann hatten sie wieder einen Zugang gefunden.

Dabei bin ich, mit Verlaub, alles andere als ein blindwütiger Schläger. Ich habe es sehr wohl mit friedlicher Defensive versucht: Lange Ärmel. Hut. Moskitonetz. Aber man muss doch auch mal schauen dürfen ohne Gitter vor Augen! Und so habe ich gezwungenermaßen meiner buddhistischen Friedfertigkeit eine Ausnahmeregelung zugeordnet. Christliche Nächstenliebe führt in dieser Sache nicht weiter: Lange bevor man seinen sirrenden Feinden auch noch die linke Backe hinhalten könnte, haben sie sie schon gefunden und verunstaltet.

Meine Waffe ist die bloße Hand. Denn schon früh habe ich gelernt, dass man sich gar nicht mit so viel Chemie besprühen, betupfen oder einreiben kann, als dass das den feindlichen Kamikazes Einhalt gebieten könnte. Im Spätsommer bin ich in Finnland. Ich werde es wieder tun. Und wieder und wieder und wieder.

30 Jul 2016

AUTOREN

Franz Lerchenmüller

TAGS

Kampf
Held
König
Nachtzüge
Zika-Virus
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Kuba

ARTIKEL ZUM THEMA

Kolumne Ich meld mich: Wir sind immer für Sie da

Der Gast ist König. Er möchte auch so behandelt werden, glauben jedenfalls die Hoteliers. Begrüßungsrituale können auch nerven.

Kolumne Ich meld mich: Rüdiger und die Seinen

Die Deutsche Bahn mottet ihre Nachtzüge ein. „Chapeau, Herr Kollege!“: Die Konzernchefs der Autoindustrie sind begeistert.

Verbreitung von Virusinfektionen: Mach die Mücke!

Wer weit reist, ist gegen einige Mitbringsel nicht gefeit. Umweltverschmutzung und Erderwärmung tragen zur Ausbreitung von Virenträgern bei.

Zika-Virus in Brasilien: Forscher raten zu Olympia-Verlegung

Sollen die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro wegen der Zika-Epidemie verschoben oder abgesagt werden? Wissenschaftler fordern das, die WHO beschwichtigt.

Kubas Reservisten bekämpfen Zika-Mücke: Feldzug gegen die Mücken

Seit Februar sind in Kuba landesweit Sprühteams unterwegs. Mit Insektiziden gehen sie mindestens einmal pro Woche gegen die Aedes-Mücke vor.