taz.de -- EMtaz: Historische Presseschau: Germania, Germania, vaffanculo!

Italiener und Deutsche haben sich schon viermal zu großen K.-o.-Duellen bei WM oder EM getroffen. Der Klassiker ist auch ein Fest für Zeitungsmacher.
Bild: WM 2006: Podolski trauert einer vergebenen Chance hinterher. Gianluigi Buffon ermahnt seine Abwehr. Beide sind bei der EM 2016 noch dabei

Italien – Deutschland. Das ist auch im publizistischen Sinne ein Hochgenuss. Ein Rückblick auf die Schlagzeilen und Kommentare zu den größten deutschen Niederlagen.

WM-Halbfinale 1970, Deutschland – Italien 3:4 n. V.

La Stampa (Italien): Welch ein Triumph. Nach einer Zwei-Stunden-Schlacht gegen die Deutschen, die als unschlagbar galten, ist Italien im Finale. Wir brachten die Deutschen zum Leiden, mehr als das die Briten getan haben

El Sol (Mexiko): Die Deutschen haben es verdient, wie Weltmeister gefeiert zu werden

Les Sports (Belgien): Wie ist es möglich, daß Menschen derartige Energien haben, um in dieser Art und Weise ein so langes Spiel durchzuhalten?

Expressen (Schweden): Keine Unterhaltung kann soviel bieten. Kein Thriller kann stärkere Effekte haben. Keine Tapferkeit kann besser geschildert werden

Evening News (England): Der Fußball kann wieder erhobenen Hauptes einhergehen. Das Spiel kann vom Finale nicht übertroffen werden

Bild (Deutschland): Der Beifall prasselte auf 22 Spieler nieder wie ein Regenguß. Wir dürfen unserer Mannschaft gratulieren, denn sie hat nicht verloren, auch wenn es das Ergebnis so will

FAZ: Wer es gesehen hat, wird es nie vergessen. Im Kampf zweier absolut gleichwertiger Mannschaften hatten die Italiener zu ihrem Computer-Fußball ebenso ihr heißes Herz entdeckt

WM-Finale 1982, Italien – Deutschland 3:1

Kommentar von Tonio Milone, taz (13. Juli 1982):

Germania, Germania, vaffanculo!

Habt ihr denn wirklich geglaubt, ihr seid uns im Fußball ebenbürtig? Oder sogar besser? Habt ihr wirklich gedacht, mit Soldaten wie Briegel wärt ihr die Größten? Für diese Dummheit habt ihr die vulgärste Pernacchia* verdient, die jemals auf Erden zu hören war. Euer Arsch (unverdientes Glück) hat mir jahrelang Schmerzen bereitet – und nicht nur mir. (…) Die Landsleute in der Heimat haben ja gar keine Vorstellung, was es bedeutet Tifosi in Deutschland zu sein! Die Niederlage der Deutschen ist gleichzeitig der Sieg aller wahrhaften Antiimperialisten! Darum solltet ihr euch endlich eines hinter die Ohren schreiben: Die besseren (weil technisch geileren) Fußballer, das sind wir, ja wir, die Italiener. Italia è forte e vincerà!

WM-Halbfinale 2006, Deutschland – Italien 0:2 n. V.

La Gazzetta dello Sport (Italien): Flieg, Italien, flieg. Grosso – Del Piero: Azzurri im Finale, Delirium auf allen Plätzen. Cannavaro, Kaiser von Deutschland

Il Corriere dello Sport: Wir lieben Euch. Die blauen Löwen sind im Endspiel. Dieses unendliche Italien. Deutschland geschlagen in der Verlängerung mit den Toren von Grosso und Del Piero

Il Corriere della Sera: Zwei großartige Tore und Italien kommt ins Finale. Grosso und Del Piero treffen in der letzten Minute. Deutsche Tränen und Festa Azzurra in allen Städten

The Sun (England): Wurst-Albtraum

Daily Mail: Tränen, als Jürgens Traum vernichtet wird. Die Deutschen gewinnen immer, wenn es zum Elfmeterschießen kommt, aber vorher schlagen die Italiener immer die Deutschen

Süddeutsche Zeitung (Deutschland): Aus der Traum vom Finale – nach einem großen Spiel

Bild:Wir weinen mit Euch – Ihr seid trotzdem Helden

EM-Halbfinale 2012, Deutschland – Italien 1:2

Tuttosport (Italien): Balotalia! Ganz Italien liegt König Mario zu Füßen. Das Sorgenkind ist zum Helden der Nation geworden

Gazzetta dello Sport: Balotelli-Show – und die Deutschen brechen zusammen

Corriere della Sera: Talent und Kraft: Italien versenkt die Deutschen, die vor einer unerwartet starken Mannschaft kapitulieren

El País (Spanien): Die Deutschen fielen ihrer Arroganz und ihrem Übermut zum Opfer. Sie dachten nur an eine Revanche gegen Spanien und vergaßen die Italiener

El Periódico: Das Spiel der Teutonen erlitt einen verheerenden Kurzschluss. Die deutsche Elf war eine totale Enttäuschung

Bild (Deutschland): Wir sind am Ende, Italien im Finale Aus! Aus! Der Traum ist aus! Jogi, wo war dein Gold-Händchen?

11Freunde: 20.000 Fanmeilen unter dem Meer

2 Jul 2016

TAGS

Schwerpunkt Fußball-EM 2024
EMtaz Bericht/Analyse
Fußball
Italien
Deutscher Fußballbund (DFB)
Deutsche Fußball-Nationalmannschaft
Public Viewing
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
EMtaz Bericht/Analyse
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
EMtaz Bericht/Analyse
EMtaz Meinung

ARTIKEL ZUM THEMA

EMtaz: Pöbelnde Schland-Fans: „Nie wieder Public Viewing“

M. guckt in einer deutschen Kneipe ein EM-Spiel – und wird beleidigt und bedroht. Der Deutsch-Italiener über Nationalismus, Aggressionen und Fansein.

EMtaz: Läuft nicht beim DFB-Stürmer: Es müllert nicht mehr

Thomas Müller wartet weiter auf sein erstes Tor. Gegen Italien traf er nicht mal vom Elfmeterpunkt. Er macht dennoch auf locker.

EMtaz: Wie man Elferschießen gewinnt: Großreinmacherei

Das Elfmeterschießen ist ein eigenständiges Spiel nach dem Spiel. Nicht selten gewinnt jene Mannschaft, die das wirklich verstanden hat.

EMtaz: Elfmeterschießen sind großartig: Ungerecht, aber sexy

Drama, Baby: Elfmeterschießen entsprechen der Logik des Fußballs. Weil sie überraschend, unfair und beschissen sind.

EMtaz: Löws Taktik gegen Italien: Epischer Wettstreit aus elf Metern

Wie 2012 änderte Deutschland die Aufstellung gegen Italien. Mit Erfolg: Italien hatte kaum Chancen. Es wäre trotzdem fast schiefgegangen.

EMtaz: Viertelfinale: Deutschland – Italien: Schock-Horror-Krimi-Thriller

Neuer, Hector, Rakete: Italien und Deutschland erfanden im Elfmeterschießen ein neues Fußballgenre. Gewonnen hat Deutschland. Endlich mal.

EMtaz: Italien vor dem Viertelfinale: Der Star ist der Trainer

Falls Deutschland im Viertelfinale erneut gegen seinen Angstgegner verliert, liegt das nicht an einem Fluch. Antonio Contes Team ist eben auch gut.

EMtaz: Flüchtlinge und die EM: Hoffen auf Deutschland

Die Bewohner einer Berliner Unterkunft unterstützen die Elf von Joachim Löw. An ihre Zeit in Italien haben viele sehr schlechte Erinnerungen.

EMtaz: Sport und Gesellschaft: Fußball, Klasse, Leidenschaft

Worum geht’s beim Kicken? Und warum gucken wir zu? Zehn Thesen zum Unfug vom unpolitischen Fußball und wieso das so ein großartiges Spiel ist.

EMtaz: Wales im Halbfinale: Kein glücklicher Außenseiter

Beim 3:1 über Belgien zeigt Wales, dass es mehr ist als Gareth Bale. Und Belgien? Muss erstmal über die Zukunft von Trainer Wilmots entscheiden.

EMtaz: Italien und das Vorbild Spanien: Der Versuch des Tikitalia

Die „Tikitalia“-Zeit, wie die italienische Presse die Prandelli-Ära gennant hat, tat der Mannschaft nicht gut. Deshalb gilt: zurück zu den Wurzeln.