taz.de -- Flüchtlingsboot vor Kreta gekentert: Viele Tote befürchtet

Südlich von Kreta sinkt ein überfülltes Boot. 340 Flüchtlinge wurden gerettet. Befürchtet wird, dass doppelt so viele an Bord waren.
Bild: Dramen ohne Ende: gekentertes Flüchtlingsboot Ende Mai vor der lybischen Küste

Athen afp | Nach dem Untergang eines überfüllten Flüchtlingsboots vor der griechischen Insel Kreta sind 340 Flüchtlinge aus dem Mittelmeer gerettet worden. Die Such- und Rettungsaktion sei fast beendet, berichtete das staatliche griechische Fernsehen (ERT) unter Berufung auf die Küstenwache. Insgesamt könnten sich mehr als 700 Menschen auf dem Boot befunden haben. Das teilte die Internationale Organisation für Migration (IOM) am Freitag in Genf mit. Bislang wurden vier Leichen geborgen.

„Die bange Frage ist, wie viele Menschen tatsächlich an Bord des rund 25 Meter langen Kutters gewesen sind“, sagte ein Offizier der Küstenwache. Glaubwürdige Informationen über die Zahl der Migranten könne man zunächst von den unter Schock stehenden Schiffbrüchigen nicht bekommen, hieß es.

Dier Großteiil der geretteten Menschen wurde von einem Frachter aufgenommen, der nach Italien unterwegs ist. Er werde seinen Kurs nicht ändern, berichtete ERT. Es handle sich um 241 Menschen. Der Rest der geretteten Migranten soll an Bord anderer Frachter und eines Tankers nach Ägypten, Malta und in die Türkei gebracht werden.

Das Unglück ereignete sich 75 Seemeilen südlich von Kreta. Das 25 Meter lange Boot sei gekentert und zur Hälfte untergegangen, sagte eine Sprecherin der Küstenwache. Eine Fähre alarmierte die Küstenwache. Es mussten Flüchtlinge auch aus dem Wasser gerettet werden, sagte die Sprecherin.

Die griechischen Behörden starteten den Angaben zufolge einen großen Rettungseinsatz. Die Küstenwache schickte zwei Patrouillenboote, ein Flugzeug und einen Hubschrauber los. Mindestens vier Schiffe, die in der Region unterwegs waren, beteiligten sich ebenfalls an dem Einsatz. Sie warfen Rettungsbojen aus, an denen sich die Flüchtlinge festhalten konnten.

Zur Nationalität der Flüchtlinge konnte die Küstenwache zunächst keine Angaben machen. Es war auch unklar, ob das Boot in der Türkei, in Libyen oder Ägypten in See gestochen war.

Wegen des guten Wetters und der ruhigen See wagen derzeit besonders viele Menschen die Überfahrt über das Mittelmeer nach Europa. Bei der gefährlichen Überfahrt zu den griechischen Inseln in der Ägäis kamen im vergangenen Jahr hunderte Menschen ums Leben. Seit der Schließung der sogenannten Balkanroute versuchten zuletzt aber weniger Flüchtlinge, über die Türkei und Griechenland in die EU zu gelangen. Stattdessen waren wieder mehr Flüchtlinge über Libyen nach Italien gekommen.

Ende Mai hatte die griechische Küstenwache vor der Küste Kretas ein Flüchtlingsboot abgefangen, auf dem zwei mutmaßliche Schlepper 65 Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und Pakistan transportierten. Nach Angaben der Passagiere war das Boot in der Türkei losgefahren. Die Küstenwache äußerte sich nicht dazu, ob es auf dem Weg nach Italien oder Griechenland war. Möglicherweise hatte es die Route über Kreta gewählt, um den Nato-Patrouillen in der Nord-Ägäis auszuweichen.

3 Jun 2016

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