taz.de -- Kommentar Atomwaffen in Nordkorea: Gefährlicher denn je

Kim Jong Un zeigt Stärke. Sein Versprechen, Atomwaffen nur zur Verteidigung einzusetzten, ist keine Geste der Versöhnung.
Bild: Nordkoreas strahlende Zukunft

Nach dem heftigen Säbelrasseln in den vergangenen Wochen schlägt Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un nun gemäßigtere Töne an. Auf dem großen Parteikongress – dem ersten seit 36 Jahren – verkündete er, dass sein Land Atomwaffen nur dann einsetzen wolle, wenn andere Nationen sein Land nuklear bedrohten. Außerdem wolle er die Beziehungen auch zu den Staaten normalisieren, die in der Vergangenheit feindselig waren.

Sind das die versöhnlichen Worte aus Pjöngjang, auf die die Welt so lange gewartet hat? Nein, der Schein trügt. Genau das Gegenteil ist der Fall. Kims Angebot kommt aus einer Position der Stärke. In Wahrheit ist Kim gefährlicher denn je.

Tatsächlich ist es ihm gelungen, mit den mehrfachen Atombombentests und den abgeschossenen Langstreckenraketen seine Macht konsequent auszubauen. Auch wenn es sich bei der Bombe Anfang Januar nicht wie von Pjöngjang behauptet um die Zündung einer Wasserstoffbombe handelte und zuletzt mehrere Raketen nur wenige Sekunden nach ihrem Abschuss ins Meer krachten: Allein die Häufung dieser Experimente zeigt, dass Nordkoreas Atomprogramm zuletzt technisch große Fortschritte gemacht hat.

Abgesehen von internen Widersacher die er eh umbringen ließ, zollen dem jungen Kim nun auch diejenigen Respekt, die bislang Zweifel an seiner Führungsstärke hatten. Mit dem großen Parteikongress in diesen Tagen demonstriert er diese Einheit. Doch auch von außen wagt es keiner mehr, ihn zu stürzen. Zu groß ist die Angst, dass er mit einem Atomschlag antwortet.

So bitter es klingt: Das völlig verarmte Nordkorea ist nun wirklich zu einer Atommacht aufgestiegen. Dem Rest der Welt bleibt nichts anderes übrig, als diesem Schurkenstaat diesen Status zuzuerkennen.

9 May 2016

AUTOREN

Felix Lee

TAGS

Nordkorea
Kim Jong Un
Atomwaffen
Nordkorea
Atomwaffen
Nordkorea
Nordkorea
Nordkorea
Kim Jong Un

ARTIKEL ZUM THEMA

Zwei Raketentests in Nordkorea: Sie provozieren wieder

Erneut hat Nordkorea zwei Mittelstreckenraketen über dem Japanischen Meer abgefeuert. USA, Südkorea und Japan verstehen das als „klaren Akt der Provokation“.

Neue Bomben im Bau: Atomwaffenfreie Welt bleibt Vision

Friedensforscher kritisieren die Modernisierung von Atomwaffenarsenalen. Die USA und Russland bauen diese zudem immer langsamer ab.

Nordkoreanische Vizepropagandachefin: Kims nützliche Schwester

Kim Yo Jong, eine Schwester des heutigen Machthabers, dient als Vize. Derzeit ist sie zuständig für den Personenkult um ihren Bruder.

Parteikongress in Nordkorea: Widersprüchliche Parteilinie

Auf dem Parteikongress in Nordkorea beschließen die Delegierten, das Atomwaffenarsenal auszubauen, aber es nicht zu einem Erstschlag zu nutzen.

Parteikongress in Nordkorea: Kim will keinen Erstschlag

Nordkorea werde nur bei einem Angriff zur Atomwaffe greifen, versichert Machthaber Kim. Mit Südkorea will er das Verhältnis verbessern.

Parteikongress in Nordkorea: Kims großes Politspektakel

Der Diktator Kim Jong Un lädt zum ersten Parteikongress seit 36 Jahren. Er dient vor allem seiner Machtkonsolidierung.