taz.de -- Reinhard Grindel über seinen Wechsel: „Ich gebe mich so, wie ich bin“

Eine Montage von Zitaten des neuen DFB-Chefs Reinhard Grindel über Doping, Kindheitsträume und die Zeit als CDU-Politiker.
Bild: „Kabinenschweiß riechst du auf Facebook nicht“

taz: Herr Grindel, was zeichnet Sie als einziger Kandidat fürs höchste Amt im Deutschen Fußball-Bund aus?

Reinhard Grindel: Meine Leidenschaft ist der Fußball. Das ist schon mein ganzes Leben lang so. Es ist bei mir wie bei Millionen Deutschen, auch mein Kindheitstraum war es, Nationalspieler zu werden. Wenn ich die Nationalmannschaft schon nicht als Fußballer unterstützen kann, dann kann ich ihr wenigstens auf diese Weise nahe sein. Kabinenschweiß riechst du nicht auf Facebook.

Aber was zeichnet Sie denn nun eigentlich aus?

Ich bin authentisch, gerade und berechenbar. Ich gebe mich so, wie ich bin. Wenn ich an etwas glaube, dann ziehe ich es auch durch.

An was glauben Sie?

Es wäre vermessen, wenn ich jetzt einen Vorschlag machen würde. Das ist wirklich nicht meine Aufgabe.

Welche Kenntnisse bringen Sie denn mit?

Ich war drei Jahre der Antikorruptionsbeauftragte des DFB. Dadurch habe ich vertiefte Einblicke in die DFB-Zentralverwaltung bekommen.

Und von den anrüchigen Vorgängen beim DFB haben Sie nichts mitbekommen?

Ich glaube, ich habe jetzt reichlich Fragen beantwortet. Ich möchte auch gerne, dass die Debatte weiter vorangehen kann und die anderen Kollegen auch eine Chance haben, sich zu äußern.

Gut, Themenwechsel. Erwarten Sie von der DFB-Elf bei der Europameisterschaft in Frankreich den Titel?

Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass es für die Integrität des Sports, seine Integrations- und Strahlkraft nicht in erster Linie darauf ankommt, unbedingt immer Gold zu gewinnen.

Nicht?

Nein.

Könnte da vielleicht Doping helfen?

Je mehr ein Sportler für die Integrationskraft und den Vorbildcharakter des Sports steht und damit auch Geld verdient, umso mehr muss ihn die volle Härte des Strafrechts treffen, wenn er dopt und damit die Ideale des Sports geradezu mit Füßen tritt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Meinen Sie uns?

Ich sage in aller Deutlichkeit: Wir brauchen alle Kinder, wir können kein einziges am Wegesrand stehen lassen.

Logischerweise auch nicht die, die nach Deutschland geflohen sind.

Klar ist: Taxifahrer haben wir genug in unserem Land. Wir brauchen Ärzte und Ingenieure. Wir wollen keine ungesteuerte Zuwanderung auf den Arbeitsmarkt, um billige und willige Arbeitskräfte ins Land zu holen.

Was ist mit den türkischen Migranten, die schon vor Jahrzehnten nach Deutschland gekommen sind?

Ich bin dafür, dass wir mehr dafür tun, dass sich gerade auch Türken ehrenamtlich in unseren Vereinen betätigen, und zwar nicht nur bei Türkiyemspor, sondern auch bei der Eintracht oder bei Viktoria, als Trainer, Betreuer, Schiedsrichter oder eben auch im Vorstand, als Schatzmeister oder Vorsitzender. Weil ich aus dem ländlichen Raum komme, will ich gern hinzufügen: Es gibt noch viel zu wenige türkischstämmige Schützenkönige und Mitglieder in Freiwilligen Feuerwehren.

Ein gutes Stichwort: Freiwillige Feuerwehren, eines Ihrer Lieblingsthemen. Was ist da eigentlich das Hauptproblem?

Wir müssen mit den Verkehrspolitikern darüber diskutieren, wie es gelingt, eine unbürokratische feuerwehrinterne Lösung hinsichtlich der Führerscheine von Feuerwehrleuten zu finden.

Sie haben sich bei der Verabschiedung des Gesetzes gegen die Bestechung von Abgeordneten im Bundestag enthalten. Warum?

Diese Frage verstehe ich nicht, weil ich in voller Absicht und wohlüberlegt so gehandelt habe.

Sie haben für den Posten des DFB-Chefs Ihr Bundestagsmandat niedergelegt. Wen werden Sie vermissen, außer die Feuerwehrleute?

Die Linke.

Warum? Wegen der Reibungspunkte?

Die Linke ist eine durch und durch extremistische Partei mit einem ungeklärten Verhältnis zur Gewalt. Deswegen ist es richtig, dass sie vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Bei der Linken sind Sie nicht beliebt, oder?

Ich bedaure das. Wir sollten uns zumindest gegenseitig ertragen.

Vor Jahren haben Politiker aus dem Bundestag den DFB vor Ihnen gewarnt. Ihre Hardliner-Ansichten wurden thematisiert und die SPD-Bundestagsabgeordnete Daniela Kolbe hat Ihnen vorgehalten, „Ressentiments bis hin zum Anklang von Rassismen“ produziert zu haben.

Zu Beginn meines Mandats war ich ein kämpferischer Heißsporn. Man lernt aber als Politiker dazu. Zum Beispiel bin ich heute für das Bleiberecht von Kindern geduldeter Eltern. Das war ich anfangs nicht.

Herr Grindel, Sie übernehmen das DFB-Amt in einer schwierigen Zeit. Wie die Fifa muss sich auch der DFB nach der Affäre um die Vergabe der WM 2006 neu aufstellen.

Mit Verlaub: Ich bitte darum, Fifa, Uefa und DFB nicht über einen Kamm zu scheren. Wir haben im DFB ein funktionierendes Compliance-Management, das von Experten außerhalb des DFB begleitet wird.

Bestechung konnte zwar nicht nachgewiesen werden, aber umgekehrt kann der DFB nach dem Freshfield-Bericht auch nicht von dem Verdacht der Bestechung freigesprochen werden.

Ich bin dankbar, dass der frühere Innenminister Otto Schily betont hat, dass sich Deutschland absolut einwandfrei beim Werben für das Sommermärchen 2006 verhalten hat.

Als DFB-Präsident müssen Sie künftig kürzer treten. Es wird gemutmaßt, dass sie monatlich nur noch 7.500 Euro verdienen würden.

Ein Ehrenamt ist nicht nur eine Last, es ist auch Lust auf persönliche Weiterentwicklung. Es ist eine Erfüllung, auf junge Menschen einzuwirken.

Abschließend: Welche Botschaft haben Sie an junge, fußballverrückte Migranten?

Ihr Regierungschef ist Angela Merkel und niemand anders.

Die taz-Sportredaktion versichert: Dieses Interview enthält ausschließlich Originalaussagen von Reinhard Grindel.

15 Apr 2016

AUTOREN

Johannes Kopp
Markus Völker

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