taz.de -- Männerfußball in New York: Der hellblaue Plan
Der New York City FC ist schon jetzt eines der größten Zugpferde der US-Profifußballliga. Nun soll die Meisterschaft her.
Claudio Reyna war zufrieden. Der New York City FC hatte zum Saisonauftakt der Major League Soccer 4:3 bei den Chicago Fire gewonnen. Ein temporeiches, spektakuläres Spiel, ganz nach dem Geschmack des ehemaligen Bundesliga-Spielers, auch wenn die Gäste eine komfortable 3:1-Führung fast noch verspielt hätten. Heute ist Reyna Sportdirektor der New Yorker, die in ihre zweite Saison in der MLS gehen.
Der New York City FC ist schon jetzt eines der größten Zugpferde der Liga. Amtierender Meister mögen die Portland Timbers sein, die Attraktionen sind die Klubs aus den Metropolen, die sich mit zumindest noch auf dem Papier großen Spielern schmücken: Steven Gerrard, Robbie Keane, Ashley Cole und Nigel De Jong kicken für Los Angeles Galaxy, Kaka spielt beim Orlando City SC, Montreal Impact ist stolz auf Didier Drogba.
Auch beim NYCFC ist die Weltstar-Konzentration hoch: Andrea Pirlo, Frank Lampard und David Villa laufen im Yankee Stadium auf. Seit Saisonbeginn steht zudem der langjährige französische Nationalspieler Patrick Vieira als Trainer an der Seitenlinie; es ist die erste Chefcoach-Anstellung für den 39-Jährigen. Fast unausweichlich werden daher Wunderdinge erwartet. Der Meistertitel soll her, möglichst schnell.
Hinter dem Ehrgeiz steht ein Konzept, das den unbedarften Fan staunen und den Fußball-Traditionalisten schaudern lässt: Das Team ist ein Satellitenklub der „City Football Group“, die mit der Übernahme von Manchester City durch die milliardenschwere Abu Dhabi United Group 2008 ins Leben gerufen wurde. Prunkstück ist der englische Erstligist, der seither zu zwei Meisterschaften alimentiert wurde. Dazu sind Melbourne und eben New York mit eigenen Klubs im Großprojekt; beide Mannschaften haben auch die himmelblaue Spielkleidung der „Citizens“ aus Manchester übernommen.
Eigene Fußballakademien
„Wir wollen eine weltumspannende Organisation aufbauen“, erklärt Geschäftsführer Ferran Soriano. 2013 wurde die Zweigstelle am Big Apple gegründet und später dann als 20. Mannschaft in die höchste US-Spielklasse aufgenommen. Dabei wurde Konkurrent Cosmos New York ausgestochen. Die Neuauflage der legendären 70er-Jahre-Mannschaft konnte weder ein schlüssiges Konzept noch die finanziellen Mittel für die Aufnahmegebühr von 100 Millionen US-Dollar aufbringen.
Ebenfalls im Geflecht sind zwölf Klubs von Sporting Lissabon bis hin zu Espanyol Barcelona, mit denen bei Training und Scouting zusammengearbeitet wird. Auch eigene Fußballakademien sind Teil des Konzepts. „Wir haben uns langfristig diesem Projekt verschrieben“, sagt Reyna. „Daher war es uns auch wichtig, bereits 13- und 14-Jährige in der Akademie ausbilden zu können.“
Von den aktuell 17 Spielern der ersten „Academy“-Mannschaft stammen 15 von Partnerklubs. Ausgerechnet der Stadtrivale in der Major League Soccer, New York Red Bulls, gilt in der Jugendarbeit als Vorbild. „Ein 18-Jähriger kann vielleicht noch nicht für Manchester City spielen, aber er könnte in New York Erfahrungen sammeln und dann vielleicht mit 32 nach Melbourne wechseln“, erklärt Soriano. „Ein einzigartiger Ansatz, der sich bezahlt machen wird“, findet Reyna.
„In zwei Jahren haben wir die ersten Spieler aus der eigenen Jugend in der Profimannschaft.“ Vieira weiß allerdings: „Alles, was ich tun muss, ist siegen.“
13 Mar 2016
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