taz.de -- Südafrikas Präsident am Ende?: Jacob Zumas endloser Sinkflug

Vor seiner Rede zur Lage der Nation ist Südafrikas Präsident Zuma angeschlagen wie nie. Im ANC wird sogar erwogen, ihn auszutauschen.
Bild: „Zahl das Geld zurück“: Anti-Zuma-Protest der EFF-Opposition vor Südafrikas Verfassungsgericht.

BERLIN taz | Noch nie stand Südafrikas Präsident Jacob Zuma so massiv unter Druck wie in diesen Zeiten, bevor er heute vor dem Parlament seine jährliche Regierungserklärung abgibt. Die Wirtschaft schwächelt durch den Verfall der Rohstoffexportpreise, die Stimmung im Land ist ins Negative umgeschlagen.

Zuma selbst kommt aus Korruptionsskandalen nicht heraus: Mit zwei Jahren Verspätung gestand er vor wenigen Tagen seine Mitschuld am steuerfinanzierten Ausbau seines Privatwohnsitzes Nkandla zur Luxusresidenz ein und bot an, einen Teil der eingesetzten Gelder zurückzuzahlen – sicher ein Manöver, Proteste bei seiner heutigen Rede zur Lage der Nation im Parlament zu vermeiden. Die beiden wichtigsten Oppositionsparteien Democratic Alliance (DA) und Economic Freedom Fighters (EFF) hatten gegen Zuma zuvor Klage vor dem Verfassungsgericht eingereicht.

Südafrika drohe ein Volksaufstand mit Chaos und Gewalt, meint sogar Allister Sparks, Doyen der politischen Kommentatoren im Land. Die Arbeitslosenrate in der zweitgrößten Volkswirtschaft Afrikas liegt offiziell bei über 25 Prozent und geschätzt bei 40 Prozent. Die Wirtschaft wächst kaum, soziale Proteste nehmen zu.

Zumas Abtritt wird in weiten Kreisen des Volkes schon lange gewünscht. Oft debattieren Südafrikaner die Frage, ob der mit absoluter Mehrheit regierende Afrikanische Nationalkongress (ANC) den 73-jährigen Präsidenten auswechseln wird, um einer Abstrafung durch die Wähler insbesondere bei der anstehenden Kommunalwahl im Mai zu entgehen.

Kommentator Moletsi Mbeki hält solche Gerüchte für stark übertrieben. Er behauptet, Zuma werde seine volle Amtszeit bis 2019 durchhalten. Er ist nicht direkt vom Volk als Staatsoberhaupt gewählt, sondern als Spitzenkandidat des ANC. Aber gerade das macht ihn verwundbar im eigenen Apparat.

Drei Finanzminister in einer Woche

Als Hauptproblem gilt in den Augen vieler Beobachter Zumas politischer Stil. Ende letzten Jahres bescherte er seinem Land plötzlich drei Finanzminister in einer Woche. Der Präsident feuerte zunächst Amtsinhaber Nhlanhla Nene ohne Angabe von Gründen und ersetzte ihn durch David van Rooyen, dessen politische Erfahrung sich auf eine Zeit als Bürgermeister einer Kleinstadt beschränkt.

Der ohnehin schwache südafrikanische Rand rutschte innerhalb von 24 Stunden auf einen Tiefstand und verlor in zwei Tagen rund 12 Prozent seines Wertes gegen den Euro, an der Johannesburger Börse gab es Milliardenverluste.

Zuma beugte sich dem öffentlichen Druck und gab das Amt schnell dem beliebten früheren Finanzminister Pravin Gordhan. Die Währung erholte sich sofort, aber die Ratingagenturen haben Südafrika jetzt knapp über Ramsch-Niveau eingestuft.

„Das ist spontanes Politikmachen“, sagte der Politologe Tom Lodge. „Menschen verlassen Südafrika in beträchtlicher Zahl, aber die Summe der Kapitalflucht richtet viel mehr Schaden an.“

Der geschasste Nene hatte sich für Einsparungen im Staatshaushalt und die Begrenzung von Hilfen für Staatskonzerne eingesetzt. Außerdem wies er die Chefin der staatlichen South African Airlines, die Zuma-Vertraute Dudu Myeni, wegen einer geplatzten Bestellung von zehn Airbus-Maschinen in die Schranken. Daraufhin entschied der Präsident, den als solide geltenden Minister abzusetzen.

„Zuma Must Fall“

Präsident Zuma spiele mit der Wirtschaft und der Zukunft des Landes russisches Roulette, so Musi Maimane, DA-Oppositionsführer.

Die Anti-Zuma-Welle hält an. Eine „#ZumaMust Fall“-Kampagne auf Twitter vereint immer mehr Südafrikaner. Als entsprechende Plakate in Kapstadt auftauchten, Hochburg der DA-Opposition, rissen ANC-Aktivisten sie wieder herunter und sprachen von Rassismus.

Die alten Narben der südafrikanischen Apartheid machen sich immer wieder spürbar, wenn die politischen Spannungen wachsen. Ständig drohen neue Proteste, mal seitens der liberalen DA, mal seitens der linken EFF. Der ANC sitzt in der Mitte, während sich der Frust der Bevölkerung entlädt.

11 Feb 2016

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Martina Schwikowski

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