taz.de -- Ebola-Epidemie offiziell beendet: „Die Arbeit ist noch nicht getan“
Nach Sierra Leone und Guinea erklärt die WHO nun auch Liberia für ebola-frei. Jetzt beginnt eine Zeit der Überwachung – und des Aufbaus.
BERLIN taz | Die Ebola-Epidemie in Westafrika ist offiziell beendet. Alle bekannten Übertragungswege in Liberia, dem letzten noch nicht „ebola-freien“ Land, seien unterbrochen, erklärte die Weltgesundheitsorgansiation WHO am Donnerstag in Genf. Es sei jetzt 42 Tage her, dass der letzte Ebola-Patient Liberias zweimal hinterher frei vom Virus getestet wurde. Sierra Leone wurde schon am 7. November 2015 für ebola-frei erklärt, Guinea am 29. Dezember.
Ganz sicher ist das alles noch nicht – Liberia wurde bereits zweimal für ebola-frei erklärt, aber damals gab es noch Fälle in den Nachbarländern. Jetzt gibt es erstmals in keinem der drei Länder seit 42 Tagen keine Krankheits- oder Verdachtsfälle mehr.
WHO-Generaldirektorin Margaret Chan sprach von einer „monumentalen Leistung“ der Regierungen, Bürger und Hilfswerke. „Aber unsere Arbeit ist nicht getan“, warnte sie. Der WHO-Ebola-Beauftragte Bruce Aylward sagte, es bestehe immer noch ein Risiko neuer Infektionen. „Gigantische Anstrengungen werden unternommen, um robuste Prävention, Überwachung und Reaktionsfähigkeit in allen drei Ländern bis Ende März sicherzustellen.“
Die Epidemie in Westafrika brach Ende 2013 aus und hat über 28.500 Menschen getroffen, von denen mehr als 11.300 gestorben sind. Es ist mit Abstand der größte Ausbruch des Ebola-Virus in der Weltgeschichte.
Alle drei betroffenen Länder gehörten zu den ärmsten Ländern der Welt und haben nur rudimentäre Gesundheitssysteme, die angesichts der Epidemie komplett zusammenbrachen und massive ausländische Hilfe erforderlich machten. Diese Hilfseinsätze, die mehrere Milliarden Euro kosteten, waren nun offensichtlich erfolgreich.
Sorge um Ebola-Virus im Sperma
In jedem der drei Länder beginnt mit der „Ebola-frei“-Verkündung eine auf 90 Tage angesetzte Periode der verschärften Überwachung, um sicherzustellen, dass nicht doch noch unerkannte Fälle auftauchen.
In dieser Zeit kann jedermann Verdachtsfälle an das weiterarbeitende Ebola-Krisenteam melden, das dann sofort Tests veranlasst. Manche Gemeinden melden einfach all ihre Todesfälle, um ganz sicherzugehen. Auch die immer wieder geäußerte Möglichkeit, dass das Ebola-Virus im männlichen Sperma 12 Monate überleben kann, treibt die Experten um.
Diese weisen darauf hin, dass nach wie vor mehr Menschen in Afrikas sehr armen Ländern an behandelbaren Krankheiten wie Malaria sterben und dass dafür nur ein Bruchteil der gegen Ebola zur Verfügung gestellten Mittel vorhanden sei. Langfristig könne nur der Aufbau funktionierender Gesundheitssysteme kurzfristige Noteinsätze wie gegen Ebola überflüssig machen.
Der AU-Sicherheitsrat bekräftigte diese Forderung auf einer Ebola-Sondersitzung kurz vor Weihnachten 2015. Deutschland hat dafür in Liberia, Sierra Leone und Guinea 600 Millionen Euro zugesagt.
14 Jan 2016
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Beim Roten Kreuz ist man schockiert: Dienstleister rechneten zu viel ab, Personalkosten wurden geschönt. Insgesamt verschwanden so Millionen an Hilfsgeldern.
In Sierra Leone starben mehr als 310 Menschen durch Überschwemmungen. In Freetown ruschte eine Berghang ab. Helfer befürchten weitere Opfer.
Die Ebola-Impfforschung kommt gut voran. Die Gesundheitspolitik in Afrika und die Suche nach dem Ursprung des Virus laufen schleppend.
Liberia gibt sein Bildungssystem in die Hand einer US-Firma. Nun starten die ersten Schulen mit Unterricht am Tablet.
Gerade erst wurde Westafrika als „ebolafrei“ eingestuft. Nun bestätigt das sierra-leonische Gesundheitsministerium, dass der Tod eines Jungen mit dem Virus zusammenhängt.
49 Menschen starben in einem kleinen Dorf an Ebola. Die Überlebenden leiden weiter – und die Gefahr einer neuen Katastrophe ist nicht gebannt.
Vor einem Jahr rief die WHO den Gesundheitsnotstand aus. Und heute? In Liberia haben viele der Überlebenden Familie, Job und Besitz verloren.
Ein Pharmakonzern soll einen absolut sicheren Impfstoff gegen die Krankheit entwickelt haben. Die WHO plant weitreichende Reformen als Lehre aus der Epidemie.
Experten werfen der WHO vor, auf die Ebola-Epidemie zu spät und unzureichend reagiert zu haben. Chefin Chan gibt zu, dass eine Reform der Organisation nötig sei.